Edingen-Neckarhausen

Was wird aus der Felix-Wankel-Straße in Neckarhausen?

Der Gemeinderat von Edingen-Neckarhausen hat in nicht-öffentlicher Sitzung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die sich mit der Zukunft der Straße befassen soll. Wankel gilt als "Nazi der ersten Stunde"

Von 
Konstantin Groß
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Im Automuseum Turin: ein Ro 80 von 1970 mit Wankelmotor. Als Ingenieur war Felix Wankel innovativ, seine politischen Ansichten sind unsäglich. © Konstantin Groß

Edingen-Neckarhausen. Drei Tage vor dem Festakt zum 1250. Jubiläum von Neckarhausen hat sich die Kommunalpolitik mit einem heiklen Thema der Geschichte und der Erinnerungskultur beschäftigt: Im nicht-öffentlichen Teil seiner Sitzung hat der Gemeinderat am Mittwochabend die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die sich mit der Zukunft des Namens Felix-Wankel-Straße befassen soll.

Anlass der Initiative ist ein Artikel des „Mannheimer Morgen“ vom 3. Juni, in dem die nationalsozialistische Vergangenheit des Ingenieurs aufgezeigt wurde, nach dem seit 2007 eine Straße in Neckarhausen benannt ist. Die Wankel-Straße in Heidelberg soll umbenannt werden.

„Nazi der ersten Stunde“

Laut dem Autor Sascha Becker ist Wankel ein „Nationalsozialist der ersten Stunde“. Denn ab 1921 gehörte er in Heidelberg dem rechtsextremistischen „Trutz- und Schutzbund“ sowie der NSDAP an. Als 1922 der jüdische Reichsaußenminister Walter Rathenau von Rechtsradikalen erschossen wurde, notierte er in seinem Tagebuch: „Mit derselben planmäßigen Sicherheit, mit der das Judentum vergiftet hat, wird jetzt auch das Gift wieder entfernt. Rattensau tot - hipp, hipp, hurra!“, jubelte Wankel über den Tod des jüdischen Staatsmannes.

Felix Wankel – Karriere quer durch die Systeme

  • 1902 Geburt in Lahr
  • 1921 Mitglied des rechtsextremen „Trutz- und Schutzbundes“ in Heidelberg und in der NSDAP
  • 1931 Gauleiter der HJ in Baden
  • 1940 SS-Obersturmbannführer und Mitglied der Reichsleitung der SS, enge Kontakte mit Himmler
  • 1970 Bundesverdienstkreuz
  • 1973 Verdienstorden Bayerns
  • 1988 Tod in Heidelberg

1931 wurde er Gauleiter der Hitler-Jugend (HJ) von ganz Baden. Im Dritten Reich hatte Wankel ungeachtet heftiger innerparteilicher Auseinandersetzungen mit Badens Gauleiter Robert Wagner eine hoch dotierte Position innerhalb des militärisch-industriellen Komplexes der Nazis inne. So leitete er ein Forschungsinstitut, das bis Kriegsende vom Reichsluftfahrtministerium mit Millionenbeträgen gefördert wurde. Dort beschäftigte er auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Hier entwickelte er Verbrennungsmotoren für Torpedo-Antriebe, wobei er eng mit der SS kooperierte. SS-Chef Himmler besuchte ihn vor Ort. 1940 wurde Wankel zum SS-Obersturmbannführer und Mitglied der Reichsleitung der SS ernannt. Nach dem Krieg konnte Wankel seine Karriere als Ingenieur problemlos fortsetzen. Allerdings wurde der von ihm entwickelte und nach ihm benannte Wankel-Motor in nur wenigen Automodellen serienmäßig verbaut, so in den 1970er Jahren im Ro 80.

In einer ersten Reaktion auf die Darstellung zeigte sich Bürgermeister Florian König im Juni spürbar betroffen. Er betonte, „dass ich es selbstverständlich als nicht positiv bewerte, wenn ein Straßen-Namensgeber für unsere Gemeinde als Unterstützer des Nationalsozialismus in Erscheinung getreten ist“.

König betonte, dass „unabhängig von der herausragenden Ingenieurleistung von Herrn Wankel er nicht Namensgeber in unserer Gemeinde geworden wäre, wenn dem Gemeinderat die politischen Verstrickungen des Betroffenen bekannt gewesen wären“. Und so versprach der Rathauschef: „Ich werde mich zeitnah mit meiner Verwaltung und den politischen Mandatsträgern beraten, wie wir mit den Gegebenheiten umgehen werden.“

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Diese Zusage hat König eingehalten. „Obwohl momentan unsere anstehende lange Jubiläumswoche die meiste Zeit der Arbeit einnimmt“, so berichtet der Bürgermeister nun dem „MM“, „hatte sich die Gemeindeverwaltung intern Gedanken gemacht und das Thema auch mit den Fraktionssprechern vorberaten“.

Am Mittwoch stand das Thema auf der Tagesordnung des nicht-öffentlichen Teils der Gemeinderatssitzung: „Heute Abend werden wir unsere Ideen dem gesamten Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung präsentieren und zur Diskussion stellen“, so König im Vorfeld.

Welchen Inhalts diese Ideen sind und welche Reaktion sie erfahren haben, bleibt unklar. Im Anschluss ließ König lediglich verlauten, „dass man sich einig ist, dass Handlungsbedarf besteht“. So soll eine Arbeitsgruppe mit je einem Mitglied aus jeder Fraktion gebildet werden, „in der das Vorgehen im kleineren Kreis beraten werden kann“.

56 Haushalte betroffen

Näheres ist nicht bekannt. Offenbar wurde in der Sitzung vereinbart, dass die Fraktionen dazu der Presse nichts sagen. „Es herrschte Einigkeit im Gemeinderat, dass sich ausschließlich die Gemeindeverwaltung momentan zu Ihrer Anfrage inhaltlich äußern wird.“Anfragen des „MM“ per Mail an Fraktionen blieben denn auch ebenso ohne jede Reaktion wie Erinnerungsmails.

Gleichwohl versichert der Bürgermeister: „Es ist mir besonders wichtig, dass die betroffenen Bürger in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.“ Nach Angaben der Verwaltung wären von einer möglichen Umbenennung „56 Haushalte bzw. 44 Familien“ betroffen. Und König kündigt an: „Wir sind zuversichtlich, die Angelegenheit nach der Sommerpause in Form einer Beschlussvorlage in den Gemeinderat einbringen zu können.“

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