Erinnerungskultur Nicht-öffentlich ist der falsche Weg!

Redakteur Konstantin Groß kritisiert, dass die Beratung über die Zukunft der nach dem Nationalsozialisten Felix Wankel benannten Straße in Neckarhausen hinter verschlossenen Türen vor sich geht

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Konstantin Groß
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Ab diesem Wochenende feiert Neckarhausen sich und seine 1250-jährige Geschichte. Die Chance, punktgenau zu diesem einmaligen Jubiläum ein öffentliches Zeichen in Sachen Erinnerungskultur und Geschichtspolitik zu setzen, die wurde jedoch leider vertan. Der Start in der Causa „Felix-Wankel-Straße“ war nicht verkehrt, doch der nun eingeschlagene Weg ist falsch.

Grundsätzlich muss dem neuen Bürgermeister König ein Lob gelten. Warum, das wird im Vergleich mit seinen Amtskollegen an der Bergstraße deutlich, die nach ähnlichen Enthüllungen über moralisch kontaminierte Straßenpaten ganz anders, und zwar falsch, reagierten: Hirschbergs Ralf Gänshirt sah bezüglich des Hitler-Fans Carl Diem überhaupt gar keinen Handlungsbedarf, Schriesheims Christoph Oeldorf schob die Diskussion um den Judenhasser Hans Pfitzner monatelang vor sich her, vertrat die Umbenennung in seinem Gemeinderat eher lustlos, fuhr denn auch eine Niederlage ein.

Florian König reagierte da ganz anders. Ungeachtet der aktuell extrem starken Belastung von Verwaltung und Gemeinderat auf Grund des Ortsjubiläums diskutierte er das Thema umgehend verwaltungsintern und mit den Fraktionssprechern. Gerade mal einen Monat nach der Veröffentlichung im „MM“ landete es auf der Tagesordnung des Gemeinderats, wenn auch im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung. Und da fing der Fehler an.

Der Grund ist einfach: Mit diesem Vorgehen gibt man sich in der zu erwartenden heftigen Diskussion eine unnötige Flanke, setzt sich dem Vorwurf der Hinterzimmerpolitik aus - in einer Frage, die nicht nur die Anwohner interessiert und bewegt.

Die Spitze des Ganzen ist der Maulkorb, den sich die Fraktionen verpassen ließen oder selbst verpasst haben. Presseanfragen blieben ohne Reaktion. Das zeugt nicht nur von schlechter Kinderstube, weil es unhöflich ist, es ist auch naiv. Die Vorstellung, durch ein solches Schweigekartell par ordre du Mufti eine Diskussion verhindern zu können, entspricht überkommenem Denken.

„Es herrschte Einigkeit im Gemeinderat, dass sich ausschließlich die Gemeindeverwaltung inhaltlich äußern wird. Hierfür bitte ich um Verständnis“, schreibt Florian König dem „MM“. Oh nein, mag man dem Bürgermeister zurufen: Dafür fehlt das „Verständnis“. Nicht wegen uns, der Presse. Sondern, weil dies zu Lasten einer breiten öffentlichen Diskussion geht.

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