Katastrophenschutz

Warum Kommunen bei der Sirenenbeschaffung das Heulen kommt

Nach einem bundesweiten Probelauf zur Warnung der Bevölkerung im Jahr 2020 mit vielen Pannen bemühen sich die Städte und Gemeinden um eine Verbesserung. Doch es gelingt nicht überall und sofort

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Moderne Sirenen sind vergleichsweise klein und unscheinbar. Das Bild zeigt ein Exemplar auf dem Rathausdach in Heddesheim. © Marcus Schwetasch

Neckar-Bergstraße.. Am Donnerstag um 11 Uhr heulen bundesweit die Sirenen. Doch auf der Landkarte der Alarmierung gibt es immer noch weiße (und damit leise) Stellen. Nach einem ersten Probelauf vor zwei Jahren hat es in den Städten und Gemeinden umfangreiche Bemühungen gegeben, die Möglichkeiten der Alarmierung oder Warnung der Bevölkerung zu verbessern. Nicht überall führten diese allerdings zum Erfolg, wie eine Umfrage dieser Redaktion zeigt.

„Bei uns bleibt es am Donnerstag ruhig“, erklärt Bürgermeister-Stellvertreter Dietrich Herold, der derzeit die Amtsgeschäfte im Rathaus von Edingen-Neckarhausen führt. Dort gibt es aktuell keine Sirenen, sie sollten jedoch neu installiert werden. Es gab sogar einen Zuschussbescheid über 3000 Euro für notwendige Steuerungsgeräte, doch die machen nur einen Bruchteil der Kosten aus. „Wir hatten Angebote für rund eine Viertelmillion Euro“, erklärt Herold. Ein Betrag, der die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune übersteigt. Hier bestimme die hohe Nachfrage den Preis. Das zeige sich auch in anderen Städten und Gemeinden, erläutert Herold.

Edingen-Neckarhausen sorgt vor

Untätig war das Rathaus gleichwohl nicht, wie Herold deutlich macht. So wurde für den Notfall bereits ein mobiles Stromaggregat auf einem Anhänger beschafft: „Das können wir dorthin transportieren, wo es erforderlich ist.“ 2023 werde ein weiteres fürs Rathaus beschafft, wo im Falle eines Falles auch der Krisenstab sitzt: „Denn wenn im Rathaus das Licht ausgeht, geht die Hoffnung unter.“ Deshalb gebe es auch eine Dieselbevorratung, um den Betrieb der Aggregate für einige Tage sicherzustellen. Mit größeren Heizgeräten könne man die Unterbringung von kurzfristig obdachlos gewordenen Menschen in Hallen ermöglichen. Außerdem wurden laut Herold Kleinteile wie Megafone und Taschenlampen beschafft.

Ilvesheim pflegt seinen Bestand

Das Problem fehlender Sirenen hat die Nachbargemeinde Ilvesheim nicht. „Wir haben unsere erhalten und regelmäßig gewartet und vor einigen Jahren auch durch eine im Neubaugebiet ergänzt“, betont Bürgermeister Andreas Metz. Trotzdem ruht man sich auch auf der Insel nicht einfach aus. Auf Vorschlag der Feuerwehr sei jetzt neben der Alarmierung von der Leitstelle aus zusätzlich die Möglichkeit geschaffen worden, sämtliche Sirenen manuell vom Feuerwehrhaus aus auszulösen. Manuell meint in diesem Fall allerdings nicht strom- und kabellos. Das Signal wird weiterhin auf elektronischem Weg versendet.

Hirschberg wird 2023 aktiv

Seit Jahren abgeschafft sind die Sirenen auch in Hirschberg. Dort plant die Gemeinde zwar die Beschaffung von neuen und hat dafür im Haushalts 2022 einen Betrag von 120 000 Euro eingestellt. Zu deren Finanzierung waren aber Zuschüsse in fast gleicher Höhe geplant. Solange diese nicht fließen, liegt das Vorhaben deshalb auf Eis. Vorerst jedenfalls. „Für das nächste Jahr haben wir erneut Mittel eingestellt und werden gegebenenfalls auch ohne Förderung die Sirenen installieren“, kündigt Hauptamtsleiter Frank Besendorfer an.

Schriesheim wartet auf Zuschüsse

Im Schriesheimer Stadtgebiet existieren derzeit insgesamt fünf Sirenen, davon drei in der Kernstadt (Kindergarten Römerstraße, Wohnhaus an der Schotterersbrücke, auf dem ehemaligen Altenheim Edelstein) und jeweils eine in Altenbach auf der Grundschule und in Ursenbach auf dem Dorfgemeinschaftshaus. Am 15. Dezember 2021 hatte der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss über die Erneuerung des Sirenennetzes gefasst. Insgesamt soll es zehn Sirenen geben. „Insbesondere für die Schriesheimer Kernstadt wurde ein Nachholbedarf identifiziert“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Die Installation von vier neuen Sirenen in der Stadt und einer auf dem Kohlhof in Altenbach würde knapp 160 000 Euro kosten.

Ein Antrag auf Mittel aus einem Sonderförderprogramm wurde „leider aufgrund fehlender Mittel abgelehnt“, teilt die Stadt weiter mit. Bei den Zuschüssen befindet sich die Stadt seitdem in der Warteschleife. „Sofern weder verfügbare Mittel noch eine Neuauflage des Förderprogramms zu erwarten sind, muss der Gemeinderat über einen möglichen Ausbau ohne Zuschuss entscheiden“, lässt die Stadt wissen.

Ladenburg plant mit Wartezeit

Die Stadt Ladenburg hat Mitte Februar 2022 einen Zuwendungsbescheid vom Regierungspräsidium Karlsruhe über Mittel in Höhe von rund 86 000 für sieben Sirenen in Aussicht gestellt bekommen. „Aufgrund der bundesweit sehr hohen Nachfrage sind die Kapazitäten bei den wenigen Herstellern und Fachbüros vollständig ausgeschöpft“, teilt die Stadt dazu mit. Deshalb lägen bislang keine Angebote für die Planung und Errichtung von Sirenenanlagen vor. „Wir rechnen daher mit einer Wartezeit von bis zu zwei Jahren“, erklärt Sprecherin Nicole Hoffmann. Bis zu sieben Sirenen sind vorgesehen, um eine vollständige Abdeckung sicherzustellen: „Allerdings muss zuvor ein Schallgutachten erstellt werden.“

Heddesheim mischt vorne mit

Die Gemeinde Heddesheim ist dagegen schon zwei Schritte weiter. Dort sind die neuen Sirenen bereits installiert und neben denen in Laudenbach die ersten im Rhein-Neckar-Kreis, die über zwei Übertragungswege erreichbar sind (einmal über den Kreis und einmal über den Bund), wie Hauptamtsleiter Julien Christof betont. Sie werden im Rahmen des Warntags testweise ausgelöst. Es gibt drei Sirenen (Rathaus, Nordbadenhalle und ein Hochhaus in der Lessingstraße). Die Maßnahme hat insgesamt 60 000 Euro gekostet, davon ist die Hälfte als Zuschuss zugesagt.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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