Filmkarriere

Wie Tim Dünschede aus Speyer zum Erfolgsregisseur bei "Die Drei ???" wurde

Vorher hatte er erst einen Langfilm gemacht: Der 39-jährige Speyerer hat den Deutschen Filmpreis gewonnen, weil sein Film 1,6 Millionen Menschen ins Kino gelockt hat. An Filmhochschulen wurde Dünschede früher mehrfach abgelehnt

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Stephan Alfter
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Das „Who ist Who“ deutscher Filmkunst im Publikum und auf der Bühne Tim Dünschede, der in Speyer aufgewachsen ist. © Holger Jungnickel

Speyer. Da stand er vor vier Tagen plötzlich auf der Bühne vor Hunderten Prominenten im Theater am Potsdamer Platz und hielt in der Hand eine Goldene Lola für seine Regie im besucherstärksten deutschen Film des vergangenen Jahres. „Die drei ??? - Erbe des Drachen“ hat 1,6 Millionen Zuschauer ins Kino gelockt - große und kleine. Welch ein Erfolg für den 39-jährigen Tim Dünschede aus Speyer, der sich diesen Triumph seit seinem Schulabschluss im Jahr 2003 hart erarbeitet hat, aber eigentlich eher einen Genre-Film machen wollte. Ende Februar 2020 hatte er im Speyerer Kinocenter Theaterhaus mit „Limbo“ seinen Debütstreifen vor Freunden und Bekannten präsentiert. Damals ein One-Shot-Thriller. Nun - nur vier Jahre später - erfährt er die höchsten Weihen der deutschen Filmszene in einem Segment, das erper se für sich ausgeschlossen hatte.

Ein wenig abgekämpft sah er aus in seinem bewusst oversized getragenen, dunkel-violetten Anzug und der langen Kette mit dem Ring um den Hals. Die Haare trägt er kürzer als früher, und sein Gesicht ist noch etwas schmaler geworden. Seine Sätze an die bekannten Filmschaffenden im Saal in Berlin und die Zuschauer an den Bildschirmen wirkten fast schon souverän, obwohl er auf dem Weg zum großen Deutschen Filmpreis gerade im vergangenen Jahr einschneidende persönliche Verluste zu verkraften hatte.

Gewonnen: Der Regisseur Tim Dünschede in Berlin. © Tim Dünschede

Am 11. April 2023 starb Dünschedes Vater Rainer nach längerer Krankheit, und dann endete Monate danach auch noch die Beziehung zu seiner Partnerin, mit der er elf Jahre zusammen war. „Ich hätte lieber beide bei mir und dafür keine Lola“, sagte er am Montag. Dem Vater Rainer Dünschede und der Mutter Regina, früher Ballett-Trainerin, hat Sohn Tim (kleines Bild) eine sehr offene und li(e)berale Erziehung zu verdanken. Der Gedanke, den er vermittelt bekommen hat, sei immer gewesen: „Alles ist möglich“. „Eightdays Medienhaus“ hieß die kleine Firma, die Rainer Dünschede in Speyer bis zum Jahr 2015 betrieb. Er drehte beispielsweise kleine Werbefilme für Kunden.

Zur Überzeugungsarbeit gehörte ein Gespräch mit dem Sony-Chef

Alles andere als ein Werbefilm, nämlich eher ein Kassenschlager war das, was Tim Dünschede nun mit seiner Drehbuch- und Regiearbeit geschaffen hat. Dass der Erfolg noch in ihm arbeitet und die genaue Einordnung erst mit einigen Tagen oder Wochen Verspätung eintritt, ist in solchen Momenten eher normal. Natürlich gehe ein großer Teil auch an die Marke „Die drei ???“, ist Dünschede überzeugt. Aber auch er selbst musste auf dem Weg Menschen überzeugen. Den langjährigen Sony-Chef Martin Bachmann zum Beispiel, der in Berlin ebenfalls im Publikum saß.

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Simone Jakob
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Glückliche Zufälle und gutes Timing seien essenziell, wie Dünschede in einem früheren Interview erzählt hat. Dass beispielsweise die Filmproduzentin Justyna Müsch bei einem Treffen von ihm wissen wollte, was er in seiner Kindheit so gemacht habe, sei vielleicht ein solcher Zufall. Er habe Winnetou gespielt und „Die drei ???“ gehört, lautete die Antwort, die zum Türöffner wurde. Denn: Pläne für einen neuerlichen Film wurden damals gerade beim Branchenriesen Wiedeman & Berg besprochen, zu deren Erfolgen nicht nur der Oscar-prämierte Kinofilm „Das Leben der Anderen“ gehört.

Mehrere Pitches und Vorstellungsrunden später- unter anderem bei Sony - war Dünschede seit April 2020 als Mann an der Regie gebucht. Gedreht wurde unter anderem in Rumänien auf einem Schloss. Die Arbeit ist der Höhepunkt in Dünschedes bisheriger Karriere, die zuvor nicht wie das heiße Messer in der Butter funktioniert hatte.

Tim Dünschede wurde an Hochschulen mehrmals abgelehnt

„Es gab so viele Absagen“, blickte Dünschede am Montag zurück auf Bewerbungen an Filmhochschulen seit 2004 in Ludwigsburg, Berlin, Potsdam. Zwischenzeitlich habe er an der Kunsthochschule Kassel Station gemacht, ehe der bald 40-Jährige ab 2012 in München landete und lernte. Dass „Die drei ???“ ihn auf seinem Weg über die Kindheit hinaus begleitet haben, daraus macht er kein Geheimnis. Zeitlos modern seien die Geschichten und auch für ihn Begleiter bei langen Autofahrten oder als Einschlafhilfe geblieben - zumindest so lange, bis er auf einmal beruflich mit ihnen zu tun hatte, wie er dem Branchenportal „filmrezensionen.de“ gegenüber schon früher erzählt hatte.

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Schon lange ist klar, dass es nach dem Erfolg mit dem jüngsten Werk noch zwei weitere Teile von „Die drei ???“ unter der Regie von Tim Dünschede geben wird. Sie sind in Arbeit. Insofern war Tim Dünschede am Montag auch kurz angebunden. Viel Zeit, die erste Goldene Lola im Kopf zu verarbeiten, war bisher also nicht.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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