Speyer. Darf man sich über die Eröffnung einer Straße, auf der jetzt wieder viele Autos fahren, in Zeiten des von Menschen gemachten Klimawandels eigentlich noch freuen? Eine provokative Frage. Zumindest Karl Merz (kleines Bild) war die Erleichterung am Mittwoch ins Gesicht geschrieben. Der 72-jährige Landwirt war seit Beginn der Sanierung der Salierbrücke zu einem der Gesichter der Krise geworden. Mehrmals pro Woche musste er mit seinem Traktor oder mit dem Auto Umwege von bis zu 45 Kilometern in Kauf nehmen, um seine Äcker rechts und links des Rheins bestellen zu können. Er fuhr vom Lußhof aus teilweise über die Rheinbrücke bei Germersheim oder nahm - wenn möglich - die Kollerfähre bei Otterstadt. 1052 Tage dauerte sein Dilemma an. Jetzt kann Normalität einkehren.
Etwas weniger als drei Jahre hat es letztlich gedauert, ein Bauwerk wieder fitzumachen, das 1956 unter ganz anderen Voraussetzungen errichtet wurde. Weder waren damals reihenweise Schwerlast-Lkw unterwegs noch gab es derart viele Autos. Vor Beginn der Arbeiten im Jahr 2019 rollten etwa 28 000 Fahrzeuge täglich über die Salierbrücke. Diese Zahl dürfte schnell wieder erreicht werden, wenn auf den Autobahnen ringsherum immer wieder Sperrungen vorgenommen werden müssen. Auf der A61 ist das bereits der Fall.
Was passiert in 30 Jahren?
30 bis 40 Jahre - so lange soll auf die Salierbrücke noch Verlass sein, ehe sie zurückgebaut werden wird, kündigte Andreas Hollatz, Ministerialdirigent im Verkehrsministerium, an. Die Karlsruher Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder, in deren Verantwortungsbereich die Salierbrücke fällt, sagte im Gespräch mit dieser Redaktion, dass es bisher noch keine politischen Willensbekundungen gebe, was anschließend passieren solle.
Wenn eine weitere Rheinbrücke gebaut werden soll, dann müsse man zunächst klären, wo das geschehen könne. Felder schätzte, dass ein Planungsverfahren 15 bis 20 Jahre dauern würde. Das indessen hieße, dass man in etwa zehn bis 15 Jahren damit beginnen müsste, um rechtzeitig fertig zu sein.
Weitere drei Jahre mit fehlender Rheinquerung werden einige Pendler eventuell nicht mitmachen. Gerald Schilling war am Mittwoch heilfroh: „Ich freue mich sehr. Ich musste jeden Tag 16 Kilometer Umweg fahren - insgesamt 10 000 Kilometer.“ Bei Kosten von 50 Cent pro Kilometer seien dabei Kosten von etwa 5 000 Euro entstanden. „Wo sind die Fahrradschnellwege?“, fragt er beispielsweise.
Große Aufregung herrschte im Januar 2020. Damals wurde bekannt, dass sich Schadstoffe in der Salierbrücke befinden, die zu einer Verlängerung der Sanierungszeit führen würden. „Eine handfeste Überraschung“, sagte Felder am Mittwoch rückblickend.
Aufreibende Zeit für Händler
Ihr Dank, wie auch der von Stefan Dallinger (CDU), Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, und der Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD), richtete sich an die Bauarbeiter und die Planer, die effektiv und zielführend gearbeitet hätten. Ausgerechnet an ihnen hatte sich Kritik entzündet. Beobachter hatten bemängelt, die Arbeiter seien nicht zu sehen. Felder stellte klar, dass sie oft unsichtbar im Innern des Bauwerks gearbeitet hätten. Tatsache war aber auch, dass zwischenzeitlich Schweißer fehlten, wie auf einer Informationsveranstaltung im Januar 2020 bekannt wurde.
Eine aufreibende Zeit geht auch für Einzelhändler in Speyer zu Ende, die teilweise gelitten hatten unter der Brückensperrung. Langjährige Kunden aus den badischen Gemeinden auf der anderen Rheinseite blieben mitunter fern, und Umsatzeinbußen wurden sichtbar (wir berichteten). „Wir haben unsere Salierbrücke zurück“, sagte Stefan Dallinger und hob die lokale und regionale Bedeutung des Bauwerks hervor. Sie sei nicht die Grenze zwischen zwei Bundesländern, sondern sie spiele eine große Rolle für die Mobilität in der gemeinsamen Metropolregion Rhein-Neckar. 1,2 Millionen Euro habe man beispielsweise als kommunale Familie in den Shuttle-Schülerverkehr über die Brücke gesteckt, weil so verhindert werden konnte, dass ein Schulbus über eine viel befahrene Autobahn geschickt werden musste.
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