Speyer. Im Kulturhof Flachsgasse in Speyer werden in der nächsten Zeit zwei Ausstellungen gezeigt, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten. In der Städtischen Galerie wurde am Freitag vor einer Woche die Werkschau „Tier des Tages“ eröffnet, in der Mitglieder der Interessengemeinschaft „Rendsburger Zeichnerei“ einer Vielzahl an Tierarten auf humorvolle und teils skurrile Weise eine neue Identität verliehen haben. Eher ernster Natur ist hingegen die Thematik der Ausstellung „Ausencias“ von Waltraud M. Stalbohm, die am Freitag, 5. Juli, beim Kunstverein im Obergeschoss des Kulturhofes eröffnet wurde.
Es ist zudem die erste Werkschau des Kunstvereins, bei der Oberbürgermeister a. D. Hansjörg Eger als neu gewählter Vorsitzender die Besucher begrüßt hatte. Katja Edelmann, bekannt als Schriftstellerin und freie Redakteurin für Unternehmen und Bildung, hatte die Vorstellung der Künstlerin und ihrer Werke übernommen. Wer das Fußballspiel der Kunst vorzog, hat noch bis 1. September Gelegenheit, die Ausstellung zu den üblichen Öffnungszeiten zu besuchen. Wie auch immer - die Gedanken der Künstlerin und ihre praktische Umsetzung verdienen größte Aufmerksamkeit.
Ausstellung „Ausencias“: Fragilität und Verletzlichkeit des Menschen
Bei der vom argentinischen Komponisten Astor Piazzolla inspirierten Werkschau werden Bilder, Plastiken und Installationen gezeigt, wobei das spanische Ausencias für Abwesenheiten steht. Demzufolge verweist die Künstlerin mit ihren Exponaten auf die Fragilität menschlichen Seins, die Verletzlichkeit des Menschen und sein Bedürfnis nach Schutz und Empathie.
Die Arbeiten beziehen zudem Stellung zu Konflikten und Problemen in unserer Welt, was gleichermaßen für die Vergangenheit und Gegenwart gilt. Im Gegensatz zu den fröhlichen und teils gewollt schrillen Exponaten der Ausstellung in der Städtischen Galerie handelt es sich bei Stalbohms Werke um stille Arbeiten.
Monochrome Hintergründe und imaginäre Handlungen
In den überwiegend großformatigen Gemälden begegnen dem Betrachter meist nur einzelne Figuren, die - in sich gekehrt - in leeren oder nicht näher definierten Räumen stehen. Ein monochromer Hintergrund verstärkt die Wahrnehmung der „Stellvertreter“ verschwundener Menschen. Eine Handlung lässt sich ausschließlich vom Gesichtsausdruck oder der Haltung einzelner Gestalten ableiten, bleibt somit der Imagination des Betrachters überlassen.
Ähnliches gilt für die aus Steinguss oder Gips geschaffenen Skulpturen. Auch hier blicken Augen ins Leere. Einige Torsi wirken maskenhaft und inspirieren den Betrachter, Rückschlüsse auf Erfahrungen in der Vergangenheit oder auf mögliche Zukunftsängste zu ziehen.
Nachdenkliche Arbeiten: „Klang der Stille“ und Ambivalenz
Die meisten Arbeiten stimmen nachdenklich. Das gilt insbesondere für die Installation „Klang der Stille“. Eine Arbeit, welche die Ambivalenz der Orchester in Konzentrationslagern thematisiert. In einer Box sind unzählige Saiten von Musikinstrumenten wie der Geige oder Gitarre aufgehängt. Sie symbolisieren Vernichtung und Hoffnung gleichermaßen. Hoffnung auch deshalb, weil Musiker und „nützliche“ Facharbeiter in den Konzentrationslagern größere Überlebenschancen hatten. Den Blick abzuwenden, fällt bei allen Exponaten schwer, weil von ihnen eine große Faszination ausgeht.
- Öffnungszeiten donnerstags bis sonntags 11 Uhr bis 18 Uhr.
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