Speyer. Wer verreist, packt die Zahnbürste ein. Ein frisches Hemd. Hoffentlich auch ein Buch. Doch wenn Jean-Baptiste Monnot auf Reisen geht, dann hat er seine Orgel im Gepäck. Er hat sie selbst konzipiert und gebaut. Mit seiner „Reiseorgel“ kann er an Orten spielen, an denen keine Pfeifeninstrumente stehen. An denen auch niemand auf die Idee käme, Orgelmusik zu hören. Im Ballettsaal zum Beispiel. Auf der Theaterbühne. Oder im Speyerer Technik Museum.
Dort hat vor Tagen die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz den Beweis erbracht, dass sich klassische Musik auch entfalten und gehört werden kann, wo Ausstellungsstücke aus der Luft- und Raumfahrttechnik dominieren. Beim Konzert erklangen Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ und Gustav Holsts „Die Planeten“. Am Sonntag, 23. Juli, um 19 Uhr wird Jean-Baptiste Monnot dort seine Reiseorgel präsentieren.
Jean-Baptiste Monnot ist von Hause aus Organist und international gefragter Künstler
Der 1984 geborene Franzose ist von Hause aus Organist. Seine Brötchen verdient er seit 2015 als Titularorganist an der Cavaillé-Coll-Orgel der Abteikirche St. Quen in Rouen. Monnot ist ein international gefragter Künstler. Er hat sich vor allem als sensibler, die Klangeigenschaften einer Orgel fantasievoll auslotender Interpret einen Ruf erworben. Im Technik Museum wird Monnot auf seiner Reiseorgel Musik zu Murnaus Stummfilmklassiker „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ improvisieren.
Wer mit dem Organisten spricht, ist schnell beeindruckt vom höflichen Understatement dieses Starmusikers, der in Speyer die Örtlichkeiten für seinen bevorstehenden Auftritt in Augenschein nimmt, bevor er zu einem weiteren Konzert nach Wien fliegt – ausnahmsweise ohne Reiseorgel. Denn wenn Monnot in Kirchen spielt, nutzt er natürlich die dort vorhandenen Instrumente. So auch bei seinem Konzert im Speyerer Dom, das der Franzose am Samstag, 22. Juli, um 19.30 Uhr beim Internationalen Orgelzyklus geben wird. Auf dem Programm stehen Werke von Max Reger, Marcel Dupré, Johann Sebastian Bach, Jean Guillou und Franz Liszt.
Rasches Umregistrieren dieser Orgel in Modularbauweise möglich
Seine Orgel hat Monnot in Modularbauweise hergestellt, das heißt in beweglichen Pfeifengruppen, die er flexibel im Raum aufstellen kann. Die Pfeifen erklingen, wie auf einer „richtigen“ Orgel, per Windzufuhr. Die Digitaltechnik ermöglicht dem Organisten die Programmierung von Registern und das rasche Umregistrieren während des Spiels. Auch ist eine Midi-Schnittstelle integriert. Klanglich hat der Orgelbauer vor allem auf Flötenklänge gesetzt. Außerdem kann er drei Manuale spielen.
An Ideen für eine weitere Orgel Marke Eigenbau mangelt es dem Musiker nicht. Doch seine Zeit als Konzertorganist und Leiter internationaler Meisterkurse ist begrenzt. Und das Orgelspiel ist von Kindheitstagen an seine größte Leidenschaft – sein Leben, wie er bekennt. Man darf gespannt sein, wie Monnot die Geschichte des Grafen Orlok (Nosferatu), eines Vampirs aus den Karpaten, der in Liebe zu einer schönen Frau entbrennt und Schrecken über ihre Heimatstadt Wisborg bringt, musikalisch illustrieren wird. Nur eine Frau reinen Herzens kann den Vampir aufhalten, indem sie ihm ihr Blut zu trinken gibt. Vielleicht lässt sich der Unhold aber auch von der Reiseorgel besänftigen.
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