Speyer. Die Stadt Speyer ist bekannt für ihre große Szene an Bildenden Künstlern, für die Musiktage im Dom und für ihre herausragenden Museen. In derselben Liga spielt die Domstadt aber auch in der Gitarrenzunft. Dafür sorgt das Festival Speyerer Gitarrensommer seit über einem Vierteljahrhundert. Die Stars der Szene aus dem In- und Ausland stehen Jahr für Jahr auf der Liste der auftretenden Künstler. Das gilt auch für die 27. Ausgabe, die in der kommenden Woche auf die Bühne des Alten Stadtsaals gebracht wird.
Neben Größen, die seit vielen Jahren einen Spitzenrang einnehmen, treten vielversprechende Newcomer auf – unterschiedlichste Facetten der Gitarrenmusik kommen zu Gehör. Der Begründer und künstlerische Leiter Christian Straube hat für die sechs Konzerte vom 10. bis 17. September erneut seine Kontakte genutzt und ein anspruchsvolles Programm mit einem breiten Spektrum zusammengestellt.
Los geht’s mit Gitarre und Bandoneon am Sonntag, 10. September, um 19 Uhr mit Friedemann Wuttke und Lysandre Donoso unter dem Titel „Tango“. Im vergangenen Jahr war der Gitarrenvirtuose Friedemann Wuttke noch als Solist beim Festival dabei. Dieses Mal nimmt er sich zusammen mit Lysandre Donoso der argentinischen Musik des Tango-Genies Astor Piazzolla (1921-1992) an.
Donoso gilt als Experte für die Musik Piazzollas und ist ein weltweit gefragter Bandoneonist. Schon im Alter von sechs Jahren studierte er am Konservatorium in Lyon, später in Rotterdam. Friedemann Wuttke, der in Stuttgart studierte, beherrscht virtuos die klassische Gitarre. Gitarre und Bandoneon versprechen einen außergewöhnlich sinnlichen musikalischen Abend voll knisternder Erotik – denn genau das ist Tango!
Jacques Stotzem – der Meister des Fingerstyle – gastiert am Mittwoch, 13. September, um 20.30 Uhr im Alten Stadtsaal. Hobby-Gitarristen werden gerne aufgefordert, mal ein Stück dieses Komponisten oder jener Band vorzuspielen. Stotzem, der belgische Großmeister des Fingerpicking, braucht nicht zu „covern“. Er hat sein eigenes Repertoire. Seine Kompositionen tragen meist eine Geschichte in sich. Auf sympathische Weise und mit Humor nimmt er sein Publikum mit auf die Reise. „Places We Have Been“ heißt sein jüngstes Album. Speyer ist einer dieser Plätze – hier beginnt er in diesem Jahr seine neue Tournee. Stotzem spielt auf einer Martin-Gitarre, die seinen Namen trägt und seit 2006 als Hommage an ihn produziert wird. Und manchmal covert er doch – die eine oder andere Rocknummer von Hendrix oder Gallagher, die er auf seine Weise interpretiert.
Newcomer und Szenegrößen
Weiter geht’s am Donnerstag, 14. September, um 20.30 Uhr mit Michael Sagmeister. Ein Jazz-Newcomer war Michael Sagmeister, dessen Vorbilder Wes Montgomery oder Pat Martino heißen, vor 45 Jahren als 19-jähriger Autodidakt mit seinem eigenen Trio beim Frankfurter Jazzfestival (1978). Seitdem hat der heutige Professor für Jazz-Gitarre an der Frankfurter Hochschule für Musik und frühere Dozent am Berklee College of Music in Boston eigentlich mit jedem gespielt, der in der Szene Rang und Namen hat – von Wolfgang Dauner über Albert und Emil Mangelsdorff bis Attila Zoller, um nur einige deutsche Vertreter zu nennen. Über 30 Alben hat der Träger des Hessischen Jazz-Preises 2019 im Lauf der Zeit mit unterschiedlichen Musikern eingespielt. „Story Board“ heißt sein aktuelles Album. Darauf hat er alle Instrumente selbst gespielt – eine One-Man-Band. Allerdings tritt er in Speyer mit Thomas Heidepriem (Bass) und Michael Küttner (Drums) auf, sozusagen ein Revival des „Michael Sagmeister Trios“.
Karim Baggili verspricht am Freitag, 15. September, um 20.30 Uhr feurigen Flamenco und arabische Skalen und Motive: Baggili vereint die arabische mit der europäischen Musiktradition – stammt sein Vater doch aus Jordanien und seine Mutter aus dem einstigen Jugoslawien. Vielleicht folgerichtig, dass der in Belgien lebende Autodidakt heute zu den internationalen Größen des Flamencos zählt. Aber der mit internationalen Preisen Ausgezeichnete kann noch viel mehr. Dafür sorgt schon die Leidenschaft für Musik, die in ihm steckt. Auch als Oud-Spieler lassen seine Kompositionen und Arrangements aufhorchen. Als Produzent und Komponist von Filmmusik hat sich Karim Baggili einen Namen gemacht. Sein halbes Dutzend veröffentlichte Alben weisen die großartige Bandbreite dieses Naturtalents auf – im März erschien „Ocho Manos“, zu Deutsch „Acht Hände“: Wenn man ihm zuhört, könnte man tatsächlich auf die Idee kommen, da habe einer acht flinke Hände, mit der er die sechs Saiten bedient. Begleitet wird Karim Baggili von Youri Nanai (Bass), Etienne Serck (Percussion) und Karoline de la Serna (Gesang, Trommel).
Traditionelle bretonische Musik trifft Rap – am Samstag, 16. September, um 20.30 Uhr mit der Gruppe „Startijenn“. Das bedeutet so viel wie „energiegeladen“ und bringt uns eine Musiktradition ganz eigener Art nahe, die bei uns jeder bestimmt schon mal gehört hat. In ihrer Heimat ist die 1997 entstandene Instrumentalgruppe jedem Besucher bretonischer Musik- und Kulturfestivals ein Begriff. Auch internationale Bühnen haben die „Energiegeladenen“ vielfach betreten. Ihre Musik geht mit anderen Musikstilen und Kulturen interessante Symbiosen ein – vereinen Jazz, Rock, Punk und Raï. So vermischt auch die Instrumentierung (bretonischer Dudelsack und diatonisches Akkordeon neben Bombarde und E-Bass sowie Gitarren) traditionelle und gegenwärtige Musikrichtungen.
Für den Abschluss sorgt am Sonntag, 17 September, um 19 Uhr Laura Lootens – das Klassik-Wunder. Eine Künstlerin, die gerne als verheißungsvolles Nachwuchstalent bezeichnet wird. Altersmäßig mag daran etwas sein, wurde Laura doch 1999 geboren und nahm mit acht Jahren erste Gitarrenstunden. Schon mit 14 studierte sie bei Franz Halász und war mit 15 eine der jüngsten Studentinnen an der Hochschule für Musik und Theater in München. Seit 2021 unterrichtet sie nun selbst dort und dürfte eine der jüngsten Dozentinnen überhaupt sein. Aber hören wir das Wunderkind doch einmal selbst: „Es ist meine Leidenschaft, die Musik zum Leben zu erwecken, das Publikum zu packen und mitzureißen in die Weiten der Klänge. Nichts kann meine Gefühle, Ideen und Fantasien so widerspiegeln wie das Musizieren.“ An diesem Abend heißt ihr Motto: „Spain meets Italy“. Gespielt werden Werke von Malats, Albeniz, Rodrigo, D’Angelo, Castelnuevo-Tedesco und Giuliani. zg
Info: Kartenvorverkauf beim Spei’rer Buchladen, Telefon 06232/ 7 20 18, Tourist-Info Speyer und über Reservix im Kundenforum unserer Zeitung am Schwetzinger Schlossplatz.
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