Sportlich war’s ein voller Erfolg für den SV Waldhof: 1:0 gewannen die Fußballer am 20. Dezember gegen Drittliga-Konkurrent 1860 München. Den Werkstatt-Meistern der Rhein-Neckar-Verkehr (RNV) ist das Spiel aber nicht deshalb in Erinnerung - und schon gar nicht in guter: Fußball-Fans zerlegten an diesem Abend insgesamt acht Bahnen so sehr, dass diese im Anschluss nicht mehr fahrbereit waren. Die RNV beziffert den Schaden alleine an diesem Abend auf mehrere zehntausend Euro.
Acht Bahnen auf einmal
- Jüngster dramatischer Höhepunkt des Vandalismus in den Bahnen der RNV war das Spiel des SV Waldhof gegen 1860 München.
- Randalierer zogen mit ihrer Zerstörungswut insgesamt acht Bahnen auf einmal aus dem Verkehr.
- Deckenverkleidungen und Sitzpolster wurden herausgerissen, Notentriegelungen betätigt, ein Fahrkartenentwerter herausgerissen und Scheiben zertrümmert.
- Wochenlange Ausfälle der Fahrzeuge waren die Folge.
„Vandalismus ist leider ein massives Problem, was uns dauerhaft schon seit Jahren begleitet“, sagt RNV-Sprecher René Weintz. Die Fallzahlen werden zwar nicht unbedingt höher, sie sinken aber auch nicht. Das Problem: Die beschädigten Bahnen stehen - je nach Schadensfällen - zum Teil wochenlang nicht zur Verfügung. Wenn die Ersatzteile nicht schnell verfügbar sind oder zum Teil gar nicht mehr hergestellt werden, könne es auch mal sechs bis neun Monate dauern, bis eine Bahn wieder auf den Gleisen unterwegs sein könne, berichtet Weintz. Und auch das ist mit ein Grund, warum die RNV immer wieder mit reduziertem Fahrplanangebot unterwegs sein muss.
Vandalismus vor allem bei Fußballspielen oder dem Bad Dürkheimer Wurstmarkt
Oft sind es die Bahnen, die bei Sonderveranstaltungen unterwegs sind. „Es sind leider die Fahrten rund um die Fußballspiele, die deutlich herausstechen“, sagt Weintz. Die Fans der Adler und Löwen seien dagegen durchweg unauffälliger in Sachen Vandalismus unterwegs. Aber auch andere Veranstaltungen, bei denen reichlich Alkohol fließt, kennen die RNV-Verantwortlichen als Problemfälle. Auch bei den Fahrten zum und vom Wurstmarkt in Bad Dürkheim gehe regelmäßig viel Material kaputt. Vor einigen Jahren, erinnert sich Weintz, sei eine Bahn ohne eine einzige Scheibe wieder vom Wurstmarkt zurückgekommen. „Die Leute haben sich an den Haltestangen mit Klimmzügen nach oben gezogen und dann mit aller Wucht und beiden Füßen die Scheiben herausgetreten“.
Das bedeutet natürlich neben hohen Reparaturkosten auch Sonderschichten für die Werkstatt. Und die Bahn kann nur dann schnell wieder zurück in den Fahrdienst, wenn genügend Scheiben und sonstige Ersatzteile überhaupt vorrätig sind. „Da müssen viele Ersatzteile vorgehalten werden. Und auch das ist ein enormer Kostenfaktor“, erläutert Weintz.
Ersatz für zerstörte RNV-Bahnen aus dem 3D-Drucker
Hinzu kommt, dass manche Bahnen 20 bis 30 Jahre auf dem Buckel haben und manche Ersatzteile gar nicht mehr hergestellt werden. Dann muss sich die RNV Anbieter suchen, die die benötigten Ersatzteile per 3D-Drucker herstellen - als Einzelanfertigung mit entsprechendem Kostenaufwand. Das funktioniere beispielsweise bei Halterungen für Außenspiegel. Aber wenn etwa Kastenabdeckungen für die Kühlmechanik im Innenraum durch Vandalismus zu Bruch gehen, dann lasse sich das nicht so einfach ersetzen. „Die Kastenverkleidung lässt sich nicht drucken“, sagt Weintz. Und da es sich um ein sicherheitsrelevantes Teil handle, ohne das die Bahn nicht fahren darf, bleibt das Fahrzeug eben so lange im Depot, bis irgendwo ein Ersatzteil beschafft werden kann.
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Auch die Suche nach den Tätern gestaltet sich als ausgesprochen schwierig. Erfolgsfälle sind äußerst selten. Ja, nahezu jede Straßenbahn ist mit Sicherheitskameras ausgestattet. Allerdings kommen diese an ihre Grenzen, wenn die Bahn - eben nach solchen Großereignissen - brechende voll ist mit Fahrgästen. Dann wird die Tat anonymer, weil eben mehr Leute als Sichtschutz in der Bahn fungieren. „Wenn das Rudel größer ist, werden die Taten halt auch extremer“, sagt der RNV-Sprecher.
Kamerabilder von Vandalismus-Vorfällen in RNV-Bahnen kaum tauglich
Natürlich werde jeder Fall von Vandalismus angezeigt. Dann bekomme die Polizei zu Ermittlungszwecken die Kamerabilder zur Verfügung gestellt. Wirklich erkennen lässt darauf auch nichts, zumal die Täter oft bis zur Unkenntlichkeit vermummt sind.
In einem Fall haben die Ermittler Täter tatsächlich identifizieren und zur Rechenschaft ziehen können - allerdings in einem minder schweren Fall. Ein paar Halbwüchsige hatten Farbe auf Wände der RNV gesprüht. Um den Jugendlichen die Chance auf Wiedergutmachung zu eröffnen, mussten diese ihre „Kunst“ unter Aufsicht selber wieder überpinseln. Bei schwerem Vandalismus mit aufgeschlitzten oder herausgerissenen Sitzen und zerstörten Fenstern sei das nicht ganz so einfach, wenn man die Täter erwische. Weintz: „Wir können die Leute ja unmöglich zu Technikern ausbilden, damit sie selber ihren Schaden wieder beheben und die Bahnen instandsetzen können.“
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