Rhein-Neckar. Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) leidet aktuell unter massiven Personalproblemen. Die einzelnen Transportunternehmen müssen reihenweise Krankmeldungen verkraften. Schuld in den überwiegenden Fällen ist Corona. Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Bahnen fehlen an allen Ecken und Enden, bestätigt VRN-Geschäftsführer Volkhard Malik im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Situation sei „sehr, sehr kritisch“, will Malik gar nichts beschönigen.
Besonders schlimm ist die Situation aktuell im Kreis Bergstraße. Seit Dienstag fährt die Weschnitztalbahn, die Weinheim mit Fürth im Odenwald verbindet, ganz offiziell mit einem deutlich ausgedünnten Fahrplan. Der Betrieb ist faktisch kurz vor dem kompletten Erliegen. Auf der Internetseite heißt es es „Beeinträchtigungen auf der RB69 wegen Personalmangel“. Die Dimension der Beeinträchtigungen wird erst deutlich, wenn man sich den Fahrplan aufruft. Dort sind deutlich mehr als die Hälfte der Züge gestrichen. Von 43 Verbindungen fahren gerade mal 16 Züge. Von 14 Bussen im Verlauf des Tages ist nur noch einer unterwegs, morgens 8 Uhr. Das Schlimme daran: „Wir können nicht absehen, wann es besser wird“, schildert Malik die Dramatik. Deshalb laute die Formulierung „bis auf Weiteres“.
Stellwerk nur zeitweise besetzt
Nur wenig besser sieht es auf der Nibelungenbahn zwischen Worms und Bensheim aus: „Beeinträchtigungen im Zugverkehr der RB63 wegen Personalnotstand“, heißt es hier. Damit zumindest der Schülerverkehr abgedeckt wird, besetzt die Bahn das Stellwerk montags bis freitags für diese Strecke von 6 bis 16 Uhr. Alle Züge davor und danach sind gestrichen.
Auch in anderen Bereichen der Metropolregion leidet der ÖPNV vor allem an Personalmangel. Im Bereich von Walldorf und Wiesloch sorgt der hohe Krankenstand bei den Busfahrern sogar schon zum Ausfall ganzer Verbindungen. Die Buslininen 701 und 704 sind nach Angaben des VRN schon eingestellt. Auf der Linien 707 gibt es deutliche Einschränkungen. Betroffen ist hier die Südwestdeutsche Landesverkehr GmbH (SWEG). Die Kollegen seien händeringend auf der Suche nach Busfahrern. „Aber Busfahrer fallen nun mal nicht vom Himmel“, so Malik, er erinnert daran, dass die Unternehmen schon zu normalen Zeiten immer wieder hart um neues Fahrpersonal kämpfen müssen.
Probleme mit der VRN-App
- Der VRN hat nicht nur mit ausfallenden und verspäteten Bus- und Zugverbindungen zu kämpfen. Sein App hat in den vergangenen Tagen auch nicht angezeigt, ob Züge verspätet waren oder Busse ausfielen.
- Grund war die Umstellung einer Software bei der VRN. Dabei sei ein Kommunikationsproblem in der Schnittstelle aufgetreten, die die Echtzeit von Zügen und Bussen auf der Strecke abbildet. Das Problem sei aber mittlerweile repariert, sagt VRN-Geschäftsführer Volkhard Malik.
- Teilweise seien aber auch die Transportunternehmen unter dem Dach des VRN nicht in der Lage gewesen, ihre Störungen zu melden. Auch die Deutsche Bahn haben vor etwa zwei Wochen ähnliche Probleme bei der Übermittlung von Echtzeiten gehabt.
Die Welle hat allerdings auch schon die neuralgischen Punkte des Systems getroffen. Am letzten September-Wochenende hat es das Stellwerkspersonal der DB Netze für die Riedbahn erwischt. Dort konnte aus Krankheitsgründen eine ganze Nachtschicht nicht besetzt werden. „Das ist dann faktisch einer Sperrung der ganzen Strecke in der Zeit von 20 bis 6 Uhr gleichgekommen“, erläutert der VRN-Geschäftsführer. Die S-Bahn habe auf der Riedbahn für diese Zeit komplett eingestellt werden müssen. Die Situation habe sich mittlerweile leider nur leicht gebessert. „Wenn Stellwerkspersonal ausfällt, dann ist die kritische Infrastruktur betroffen“, verdeutlicht Malik die Tragweite. Denn für erkrankte Busfahrer oder Lokführer lasse sich im Zweifelsfall irgendwo vielleicht noch Ersatz finden. Oder es fallen nur einzelne Verbindungen am Tag aus. Fehlt die Mannschaft fürs Stellwerk, geht auf der Strecke überhaupt nichts mehr.
Auch wenn Corona insgesamt nur noch wenig schlimme Krankheitsverläufe produziere - das Problem sei, dass das Virus nun flächenmäßig um sich greife. Wenn dies erst der Anfang sei und die Welle sich noch weiter im Herbst und Winter aufbaue, „dann muss es einem grausen“, sagt Malik.
Franklin-Baustelle bremst Linie 5
Neben Krankheiten erschweren auch Baustellen den Betrieb des Öffentlichen Nahverkehrs. Daran leidet unter anderem auch die Linie 5. Hier erschwert der neue Abzweig ins Franklin-Quartier den Verkehrsfluss massiv. In diesem Bereich könnten die Fahrzeuge nur eingleisig fahren, und das werde auch in den kommenden Wochen so bleiben. Die Folge: Bahnen müssen warten, bis der Gegenverkehr die Strecke freimacht.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Mit großen Sorgenfalten blickt Malik indessen auf die ganz große Baustelle, die der Region - wie berichtet - in der zweiten Jahreshälfte 2024 bevorsteht. Dann will die Bahn die komplette Riedbahnstrecke nahezu komplett neu aufbauen. Der Nahverkehr soll dann über Busse geregelt werden. Doch Malik befürchtet nichts Gutes: „Da wird das Chaos ausbrechen“. Nicht die Busse seien das Problem. Davon gebe es genügend. Aber eben nicht genug Fahrer.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-wie-corona-den-oeffentlichen-nahverkehr-in-der-region-rhein-neckar-lahmlegt-_arid,2003279.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/worms.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Brüchiges Straßennetz in der Metropolregion: Ein Wasserrohrbruch reicht