Uwe Franken ist der für die Metropolregion zuständige Koordinator der Initiative Rhine Clean Up. Im Interview spricht er über den Zustand der Flüsse in der Region und darüber, was jeder Bürger tun kann. Seit der Gründung 2018 kümmert sich die Initiative Rhine Clean Up mit Hauptsitz in Düsseldorf darum, dass die Ufer des längsten deutschen Flusses mit seinen Nebenflüssen möglichst sauber gehalten werden. In den vergangenen Jahren konnte das Team mehr als 100 000 Freiwillige aktivieren, die über 1000 Tonnen Müll am Rhein gesammelt haben.
Herr Franken, zunächst einmal die Frage: Wie geht es dem Rhein?
Uwe Franken: Es geht so. Die Belastung durch Schwermetalle, die im letzten Jahrhundert noch ein großes Thema war, hat sich in den vergangenen Jahren wirklich stark verbessert. Das ist erfreulich. Nicht so gut sieht es bei der Belastung durch Mikroplastik aus. Nicht nur in den Meeren, auch in den Flüssen, nimmt die Verunreinigung durch Plastik stark zu. Auch hier in der Region wurden im Wasser der Flüsse schon kleinste Partikel Plastik festgestellt.
Warum ist vor allem Plastikmüll so gefährlich für die Umwelt?
Franken: Plastik wird nicht organisch zersetzt, es zerfällt, wenn es in der Natur landet, in winzig kleine Stücke und verbleibt dann als Mikroplastik im Erdreich oder in unseren Gewässern. Dort kann es von Tieren mit der Nahrung aufgenommen werden, belastet und schädigt so die Tierwelt und kann auf diesem Weg auch in unsere Nahrungskette gelangen. Neuesten Untersuchungen zufolge sind schon kleine Mengen Plastik im menschlichen Organismus festgestellt worden.
Was macht Sie zuversichtlich, dass sich an den deutschen Flüssen etwas ändert?
Franken: Die Ergebnisse unseres Rhine-Clean-Up-Days entwickeln sich in meinen Augen positiv. 2022 haben wir mit etwa 35 000 Teilnehmern 280 Tonnen Müll an 26 Flüssen gesammelt. Im vergangenen Jahr waren es mit 50 000 Teilnehmern rund 300 Tonnen. Also mit viel größerer Beteiligung nur etwas mehr Müll. Das werte ich als gutes Zeichen. Es ist aber auch mein subjektiver Eindruck. Bei den Cleanups der vergangenen Monate haben wir an einigen Stellen schon eine geringere Verschmutzung festgestellt als noch in den Jahren zuvor.
Rhine Clean Up
- Seit der Gründung 2018 räumt die Rhine Clean Up-Initiative die Ufer der Flüsse auf – zunächst am Rhein von der Quelle bis zur Mündung, mittlerweile auch an 25 weiteren Flüssen wie dem Neckar.
- Fixpunkt der Aktion ist der große Rhine Clean Up Day, den die Veranstalter auf den zweiten Samstag im September gelegt haben, an dem jedes Jahr Zehntausende Menschen zum Müll sammeln zusammenkommen.
- Infos: www.rhinecleanup.org
Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
Franken: Ich glaube, das Thema kommt mittlerweile bei den Menschen an. Viele Bürger verhalten sich einfach besser und entsorgen ihren Abfall richtig. Auch in den Schulen wird das Thema immer häufiger aufgegriffen. Da werden wir 2024 auch aktiv werden. Kinder sind leicht zu begeistern. Sie möglichst früh für die Probleme zu sensibilisieren ist eine unserer wichtigsten Aufgaben und kann ein Schlüssel zu weniger Müllbelastung sein.
Kritiker sagen, Clean-Ups seien wirkungslos, man solle generell Plastikmüll lieber vermeiden. Was entgegen Sie denen?
Franken: Das sehe ich ganz anders. Wenn wir eine Müllsammelaktion durchgeführt haben, waren wir auf drei Gebieten erfolgreich. Wir haben das Gebiet gesäubert, Menschen für das Thema sensibilisiert und Aufmerksamkeit für das Thema erzeugt. Aber natürlich ist der beste Müll immer der, der gar nicht erst entsteht. Unverpacktläden nutzen, Mehrwegbecher für den Coffee To Go einsetzen und Plastikverpackungen meiden, ist immer gut.
Hier in der Region hielt sich die Beteiligung am großen Clean-Up-Day im September ziemlich in Grenzen. Warum sind die Menschen hier so zurückhaltend?
Franken: Für den Rheinabschnitt von Speyer flussaufwärts, also in Philippsburg und Karlsruhe zum Beispiel, da trifft Ihre Einschätzung zu. Auch am Neckar zwischen Heidelberg und Heilbronn haben sich bisher nur wenige Gruppen gebildet. Da hoffen wir im 2024 auf eine größere Beteiligung.
In Speyer, Mannheim, Ludwigshafen und Umgebung sieht es besser aus?
Franken: Ja, da haben wir wirklich viele Gemeinden, Vereine, Schulklassen, aber auch private Gruppen, die sich engagieren und zum Gesamterfolg der Clean-Up Initiative beitragen. Da bin ich sehr zufrieden. Aber mehr geht natürlich immer.
Mittlerweile haben Firmen Clean-Ups als Teamevent entdeckt. Das muss Ihnen doch gefallen?
Franken: Ja klar. Das unterstützen wir sogar intensiv. Wer möchte, bekommt von uns Zangen und Müllsäcke. Auch mit unserem Know-how helfen wir. Wenn es zeitlich möglich ist, sind wir auch persönlich vor Ort dabei. Im Gegenzug sind wir dann auch sehr dankbar für eine Spende. Auf jeden Fall ist das eine super Sache, denn durch den sanften Druck der Gruppendynamik werden auch Mitarbeitende der Unternehmen sensibilisiert, die bisher die Augen vor dem wichtigen Thema verschließen.
Der große Rhine-Clean-Up-Day ist erst wieder im September. Was für einen Rat geben Sie Menschen, die jetzt sofort etwas unternehmen wollen?
Franken: Das ist ganz einfach: rausgehen und Müll sammeln. Das geht jeden Tag. Man braucht keinen Aktionstag. Ich kenne viele Leute, die sich bei Spaziergängen am Rhein einen Müllsack mitnehmen und einfach Müll einsammeln. Einfach anfangen und dieses tolle Gefühl danach erleben, mit dem Bewusstsein, draußen, an der frischen Luft gewesen zu sein und was richtig Gutes für die Umwelt getan zu haben. Rhein und Neckar freuen sich auch im Winter über jeden Müllsammler.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-was-bringen-die-muellsammel-aktionen-am-rhein-_arid,2160492.html