Gastronomie

Warum die Genuss-Welt nach Deidesheim schaute

Spitzenkoch Tristan Brandt rief - und sehr viele sind gekommen. Im Weingut Reichsrat von Buhl ging das Pfälzer Gourmet Festival über die Bühne. Wer 590 Euro investierte, durfte dabei sein - und sich durch 18 Küchen probieren

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Stephan Alfter
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Dutzende Austern konsumierten Besucher in Deidesheim. © Alfter
Peter Hüftlein-Seeger (l.) lobt seinen Geschäftsführer Dennis Geller. © Austern_Gourmet_Festival_Reichsr

Deidesheim. Französische Trüffellinsen und Nussbutterschaum hier bei Nico Burkhardt, eine Sushi-Bowl mit Papaya, Tune und schwarzem Pfeffer dort bei Kolja Kleeberg: Gemessen an der Anzahl der Michelin-Sterne, die sich am Freitag im Deidesheimer Weingut Reichsrat von Buhl auf 28 addieren ließ, war die Pfalz an diesem Tag für einige Stunden der Nabel der deutschen Gourmet-Welt. Knapp 300 Tickets hatten Spitzenkoch Tristan Brandt (früher Opus V, jetzt Geschäftsführer im 959 Heidelberg) und Dennis Geller, Geschäftsführer im geschichtsträchtigen Weingut, dafür auf den Markt geworfen. Und zumindest Geller schaute um 14.45 Uhr recht zufrieden drein, als er gegenüber dieser Redaktion feststellte, dass der Plan funktioniert hat. Aber was war der Plan eigentlich? Reichsrat von Buhl hat in den vergangenen Jahren einen Umbruch erlebt, und in der Weinbranche sprach man nicht mehr überall in allerhöchsten Tönen vom Traditionsbetrieb. Mit dem Gourmet-Festival landet Geller nun einen PR-Coup. Der Name des Weinguts taucht in Verbindung mit den populären Namen der Spitzenköche in den meisten Feinschmecker-Magazinen auf. Die Genusswelt blickt für einen Tag auf Deidesheim. So wie etwa am 10. November 1990, als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl gemeinsam dem dem nun verstorbenen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow zum Essen im Deidesheimer Hof weilte.

Noch mehr Sterne-Köche 20023

Jedenfalls hat Gellers Plan auch hinsichtlich der Finanzen funktioniert. Er spricht trotz umfassender Aufwendungen von einem Plus. Satte 590 Euro kostete die kulinarische Rutsche ins Wochenende, die für Otto Normalverbraucher nicht bezahlbar ist. Insofern richtete sich das Luxus-Angebot an die Kundschaft, die man im Weingut und in den jeweiligen Gastronomiebetrieben ohnehin schon kennt - die Reichen und Schönen.

Passend dazu präsentierte ein Autohaus aus der Region eine Luxuskarosse im Eingangsbereich des Weinguts. Die Eintagesveranstaltung, für die es zum Preis von 100 Euro auch Karten gab, die nur für den Abend galten, soll nach den Worten Gellers weiterleben. Für das kommende Jahr lasse sich die Anzahl der Sterne auf mehr als 40 addieren, kündigte er an. Die Kollegen Brandts stünden quasi Schlange. Apropos stehen: Um Punkt 14 Uhr fanden sich die ersten Gäste bei einem Glas Champagner im sonnigen Innenhof ein, wo sich 18 bekannte Köche gegenseitig mit Lobstergerichten, Bürgermeisterstücken und Doraden-Kunstwerken übertrafen. Immer klarer wahrnehmbar sind Zutaten und Einfluss der asiatischen Küche auf die Spitzengastronomie. Für die Besucher interessant zu sehen, welche letzten feinen Handgriffe noch vorgenommen werden, ehe die kleinen Mahlzeiten über den Tisch gehen. Worscht, Weck und Woi, wie man in der Pfalz gerne zu sagen pflegt, wenn es um Genüsse geht, sind kulinarisch offenbar gerade nicht im Trend.

Tristan Brandt mit Beinbruch

Tristan Brandt, wie erwähnt einer der beiden geistigen Väter der Veranstaltung, konnte bei seiner eigenen „Show“ gar nicht dabei sein, nachdem er sich am Donnerstag das Wadenbein auf der Treppe gebrochen hatte. Seinem Ruf im Netzwerk gefolgt sind neben Lars Wolf vom Restaurant 1718 (Ketschauer Hof, Deidesheim) und Sternekoch Faycal Bettioui (Krone, Neupotz) beispielsweise auch Zwei-Sterne-Koch Boris Rommel (Gourmet-Restaurant Le Cerf, Zweiflingen-Friedrichsruhe) und die Sterneköche Alexander Dinter (Restaurant 5, Stuttgart), Florian Stolte (Restaurant 1789 Hotel Traube Tonbach, Baiersbronn), Malte Kuhn (Maltes „hidden Kitchen“, Baden-Baden) und Wolfgang Becker (Beckers Hotel und Restaurant, Trier).

Sehr einverstanden mit der Resonanz und der Wirkung der Veranstaltung zeigte sich Peter Hüftlein-Seeger. Seeger ist geschäftsführender Gesellschafter der Fortuna Medien GmbH. Zu der Gruppe gehören unter anderem die Weingüter Geheimer Rat von Bassermann-Jordan, Reichsrat von Buhl und von Winning sowie die Hotels Ketschauer Hof und Kaisergarten. Er lobte seinen Geschäftsführer Dennis Geller. „Ich war Feuer und Flamme, als er von seiner Idee gesprochen hat“, sagte Hüftlein-Seeger, bevor der das Glas hob und einen Tag eröffnete, der mit der After-Show-Party und DJ Antoine gegen 0 Uhr sein Ende finden sollte. Fortsetzung: nächstes Jahr.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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