Rhein-Neckar. Der Klimawandel, die Hitze. Wenn es neben dem Krieg in der Ukraine in diesem Sommer ein Thema gibt, das die Menschen in Deutschland Tag für Tag besonders bewegt, dann ist es die Auseinandersetzung mit den sich verändernden Lebensbedingungen - auch und gerade in der Rhein-Neckar-Region. Der Oberrhein ist statistisch die wärmste Region Deutschlands, und zumindest der Verband für Versicherungswirtschaft geht davon aus, dass Speyer und Frankenthal im Jahr 2021 die Städte mit den meisten Hitzetagen waren - auch wenn es in den beiden Städten keine offiziellen Messstationen gibt. Vorgedrungen ist diese Information offenbar auch zu Sascha Lobo (47) und seiner 28-jährigen Frau Jule. Beide sind nicht unbekannt und haben einige Preise eingeheimst für besondere journalistische Formate und ihre Recherchen. „Feel the news - Was Deutschland bewegt“ heißt ihr neuestes Produkt. Es ist - wenig überraschend - ein Podcast. Die beiden werden gehört. Sascha Lobo, der Mann mit dem kurz gehaltenen Irokesen-Schnitt, ist Dauergast in Talkshows und Spiegel-Kolumnist. Wo es etwas zu kritisieren gibt, da ist der Mann, der mehr als 30 Semester Gesellschaftswissenschaften studiert hat, nicht weit. In einer der jüngsten Folgen tauchte die Domstadt Speyer auf - und kam dabei gar nicht gut weg.
Es gebe eine Fülle von kaum überschaubaren Folgen, die aus einer Hitze heraus entstünden. Lobo thematisiert das ultraheiße Jahr 2003, das er als die größte, aber unbemerkteste Naturkatastrophe in Europa bezeichnet. Über den Kontinent verteilt habe es bis zu 70 000 Tote (Wikipedia) durch Hitze gegeben. Das hätten die wenigsten auf dem Schirm. Im Vergleich dazu nennt seine Frau Jule die 134 Menschen, die bei der Flut Ahrtal gestorben seien. 55 Minuten thematisiert der Podcast den Klimawandel und die Folgen.
Werbung mit „Hotspot Speyer“?
Spätestens bei Minute 34:50 hört der Einheimische hin. „Wir scheitern an unserer eigenen Infrastruktur“, sagt Lobos Frau und nennt Speyer als Negativbeispiel. Fast hämisch sagt Jule Lobo, die eine Zeit lang für Jan Böhmermanns Neo Magazin gearbeitet hat, dass man sich in Speyer in den 90er Jahren entschieden habe, die Innenstadt zu 100 Prozent zu versiegeln. „Da steht kein Baum auf dem Marktplatz, der eine komplette Stein- und Betonfläche hat“, sagt sie. Jule Lobo will erfahren haben, dass Rentner dort nicht mehr aus Bussen aussteigen wollen, weil es dort im Sommer so heiß sei. Die Stadt habe sich dagegen als Maßnahme einen Weg überlegt, der um den Platz (wohl der Festplatz unterhalb des Doms, Anm. d. Red.) herumführe. Sie bilanziert: „Die Maßnahme gegen die Hitze ist also, dass man die Scheiße, die man gebaut hat, ignoriert.“
Woher Jule Lobo ihre Informationen hat, wird nicht klar. „Ihr werdet halt Hähnchen im Sommer“, lästert die Frau. Speyer sei bezeichnend dafür, wie Städte in Deutschland mit Hitze umgehen. Statt einen deutlichen Sinneswandel zu vollziehen, habe man noch Flyer verteilt, um mit der Hitze Werbung zu machen. „Hotspot Speyer“ soll darauf gestanden haben. Das vergleicht sie mit dem Lachen von Armin Laschet nach der Ahrtal-Katastrophe. Aktuell verbreitete die Stadtverwaltung am Mittwoch die Information, dass Speyer als Kommune für ein Projekt ausgewählt sei, das Nachhaltigkeit bis Ende des Jahres 2023 in der Verwaltung strategisch verankern soll. Gibt es also bald Bäume auf der Maximilianstraße?
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