Rhein-Neckar. Mehr als 500 Fahrkartenautomaten müssen verbundweit umgestellt werden und mehr als 1000 Bus-Ticketdrucker. Zwei Zahlen, mit denen Christian Volz, Kaufmännischer Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) sowie Vorsitzender der Versammlung von rund 60 Verbundunternehmen im Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), den Aufwand beschreibt, der in den nächsten Wochen die Verkehrsanbieter beschäftigt. Dazu gehören auch reihenweise Schulungen.
„Flexibler – fairer – einfacher“: Unter dieser Überschrift fasst der Verkehrsverbund die Änderungen der Tarifstruktur zusammen. Bus- und Bahnfahren soll unkomplizierter werden. Statt sich mit einer Waben- und Tarifstruktur beschäftigen zu müssen, soll auch der „Gelegenheitsfahrgast“ einfach einsteigen und am besten über eine App auf seinem Mobiltelefon per Fingertippen mit der richtigen und günstigsten Fahrkarte ausgestattet sein.
Statt knapp 332 Millionen Euro im Jahr 2019 wird der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) zum Ende dieses Jahres voraussichtlich nur rund 264 Millionen Euro erwirtschaften. Das haben in Mannheim Christian Specht (Vorsitzender des Zweckverbandes Rhein-Neckar), Volkhard Malik (VRN-Geschäftsführer) und Christian Volz (Vorsitzender der Versammlung der Verbundunternehmen) bei einem Mediengespräch im Mannheimer Stadthaus bekanntgegeben.
Tarifänderungen
Zum 1. Januar 2022 werden die Fahrpreise im Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) um durchschnittlich drei Prozent teurer.
Das Einzelticket kostet dann 2,80 Euro (plus zehn Cent).
Das alte Waben-Tarifsystem wird modernisiert, der Luftlinientarif gestärkt und ein „Best-Preis-Konzept“ eingeführt: Wer digitalgestützt unterwegs ist, muss sich um Tarifgrenzen keine Gedanken machen – er bekommt automatisch den günstigsten Preis berechnet.
Neue Tickets und Abos soll für mehr Flexibilität sorgen: So gibt es ein neues „Fünf-Fahrten-Ticket“, mit dem eine einzelne Fahrt bis Preisstufe 2 rund 2,50 Euro kostet.
Das „Rhein-Neckar-Ticket Flex“ gewährt an acht selbst gewählten Werktagen im Monat sowie an Wochenenden verbundweit freie Fahrt – es kostet pro Monat 66 Euro.
Eineinhalb Jahre Vorbereitungen
Besonders der erste Lockdown sorgte im April 2020 für einen starken Einbruch der Nutzerzahlen: Sehr viele Arbeitnehmer gingen ins beziehungsweise blieben im Homeoffice, Schulen stellten auf Heimunterricht um, öffentliche Einrichtungen schlossen, und Touristen blieben aus. Inzwischen steigen zwar wieder deutlich mehr Menschen in Bus und Bahn ein – aber der Verkehrsverbund verdient weniger an ihnen. Und die Fahrgastzahl liegt immer noch 20 Prozent unter der von Ende 2019. „Sehr viele Zeitkarteninhaber nutzen ihre Karten besser“, gibt Specht eine weitere Beobachtung wieder.
Seit eineinhalb Jahren – also auch schon vor der Corona-Pandemie – arbeite der Verkehrsverbund vor dem Hintergrund der angestrebten Verkehrswende an der umfassenden Tarifreform, erklärt Specht: „Es ist die richtige Zeit für eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Ticketangebots des VRN mit einem Schwerpunkt auf digitalen Tarifen.“ Das Coronavirus und das veränderte Mobilitätsverhalten hätten ein „Wechseln der Pferde mitten im Rennen“ erforderlich gemacht. Mit den neuen Abos und Ticketformaten möchte der VRN weiter für seine Fahrgäste attraktiv bleiben. So wird es neu ein Jahresabo geben, bei dem der Nutzer bis zu acht Werktage im Monat frei wählen und dann verbundweit den ÖPNV nutzen kann. Dieses Ticket „Rhein-Neckar Flex“ kostet im Monat 66 Euro und erlaubt zusätzlich, am Wochenende mit den Nahverkehrsfahrzeugen unterwegs zu sein sowie bis zu vier Angehörige mitzunehmen.
Gelegenheitsfahrer im Blick
Das soll helfen, treue Zeitkarten-Kunden zu halten: Von den 303 Millionen Fahrgästen, die 2019 mit dem VRN unterwegs waren, hatten mehr als 90 Prozent ein Abo – also etwa ein Job-Ticket oder die „Karte ab 60“. Dennoch bringen auch die „Gelegenheitsfahrer“ gutes Geld: Von den 332 Millionen Euro, die im Jahr vor der Pandemie an Fahrgeldern eingenommen wurden, entfielen rund 82,3 Millionen Euro auf diese gelegentlichen Nutzer.
„Für mehr Transparenz“ soll das veränderte Wabensystem sorgen, das bisher vor allem die Grundlage für die Berechnung der Fahrkartenpreise bildete, betont Malik. Gleichzeitig möchte der Verbund dem veränderten Mobilitätsverhalten entgegenkommen. Etwa 4,3 Prozent der Gesamteinnahmen werden aktuell mit dem elektronischen Ticketing (zum Beispiel App „eTarif“) erlöst. Das sei noch „deutlich ausbaubar“, formulieren die Verkehrsexperten. Immerhin betrage der Anteil der elektronischen Fahrkarten bei den Gelegenheitskunden schon 17,3 Prozent.
Tariferhöhungen bei den Löhnen der Mitarbeiter und Preissteigerungen – etwa beim Treibstoff – nennen Specht, Malik und Volz als Gründe für die Anhebung der Ticketpreise: Ab Januar 2022 werden die Fahrkarten und Abos wie bei den meisten Verkehrsverbünden im Land um durchschnittlich drei Prozent angehoben. Auf ein Jahr gerechnet, erklärt Specht, seien das „moderate 1,5 Prozent“: Anfang 2021 war wegen der Pandemie auf eine Anhebung der Tarife verzichtet worden.
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