Frankenthal.. Der letzte Prozesstag im Verfahren gegen Ramazan G. beginnt wieder mit einem Polizeihubschrauber, der über dem Frankenthaler Landgericht kreist. In den Nachbargebäuden stehen am Mittwochmorgen Menschen mit Kaffeebechern in den Händen an den Fenstern und versuchen, einen Blick in den größten Verhandlungssaal des Frankenthaler Landgerichts zu erhaschen, der von SEK-Einsatzkräften bewacht wird. Auf der Anklagebank nimmt Ramazan G. Platz, er trägt Hand- und Fußfesseln.
Einige Stunden später ordnen die Frankenthaler Richter Sicherungsverwahrung für den 56-Jährigen an. Das bedeutet: Der Doppelmörder Ramazan G. darf nie mehr in Freiheit leben. Auch nach dem Ende seiner regulären Haftstrafe wird er nicht frei kommen - weil er ein „empathieloser Psychopath“ sei, der immer wieder schwere Straftaten begehen werde, sagt der Vorsitzende Richter Karsten Sauermilch.
Bundesgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil teilweise aufgehoben
Ramazan G. gehört zu den Menschen, die selbst erfahrene Juristen als abgrundtief böse bezeichnen. Gemeinsam mit zwei Komplizen tötete er den Ludwigshafener Immobilienunternehmer Ismail Torun und einen weiteren Unternehmer aus dem badischen Brühl. Im September 2018 wurde er deshalb wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Mitangeklagt waren neben G. 2018 ein zweiter Entführer und eine Frau, die die beiden Opfer mit einer „Geschäftsidee“ in einen Hinterhalt lockte. G. und sein Komplize überwältigten die Männer, forderten hohe Geldsummen - und töteten sie anschließend. 6000 Euro erpressten sie von dem 64 Jahre alten Automaten-Aufsteller aus Brühl, rund eine Million Euro trieb Torun auf, in der Hoffnung, freigelassen zu werden. Ein großer Teil der Summe ist bis heute verschwunden.
Im September 2018 verurteilten Frankenthaler Richter alle drei Angeklagten wegen Mordes und stellten die besondere Schwere der Schuld fest, die eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ausschließt. Sie machten Ramazan G. als Drahtzieher der akribisch geplanten Verbrechens aus, und ordneten Sicherungsverwahrung an. Die Richter legten damit fest, dass G. auch nach dem Ende der regulären Haftstrafe nicht frei kommen dürfe - zum Schutz der Allgemeinheit. Doch der Bundesgerichtshof hob diesen Teil des Frankenthaler Urteils auf. Und so landete Ramazan G. im Februar erneut im Sitzungssaal 20 des Frankenthaler Landgerichts, wo in dieser Frage noch einmal verhandelt werden sollte.
Der Prozess zog sich bis in den Sommer hinein und sorgte zuletzt wegen eines angeblichen Fluchtversuchs des Angeklagten für Schlagzeilen. Am Mittwoch berichtet ein Mithäftling von Ramazan G., der sich an die Behörden gewandt hat, vor Gericht, wie G. ihn bat, eine Fluchtroute zu erstellen und Schlepper für ihn zu besorgen, die ihn in die Türkei bringen sollten. Ein Rechtsanwalt soll dem Angeklagten bei der Planung der Flucht geholfen und für ihn 150 000 Euro an das Befreiungskommando überwiesen haben, so der Zeuge. G. bestreitet das, aber für das Urteil spielt das ohnehin keine Rolle.
"Dieser Mensch ist so gefährlich, dass sein Leben im Gefängnis enden muss"
In den Plädoyers stützen sich Oberstaatsanwältin Doris Brehmeier-Metz und die Anwälte der Hinterbliebenen der Opfer auf das Gutachten des Psychiatrischen Sachverständigen Harald Dreßing, den die Kammer für das Verfahren bestellt hatte. Deßing ist Leiter der Forensischen Psychiatrie am Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit (ZI). Dreßing habe herausgearbeitet, der Angeklagte sei manipulativ, weise eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und eine hohe Ausprägung von Psychopathie-Merkmalen auf, so Brehmeiner-Metz. „Wenn man den Angeklagten hier erlebt hat, kann man dies nur bestätigt finden.“
Die Nebenkläger folgen ihrer Forderung, erneut die Sicherungsverwahrung anzuordnen. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass dieser Mensch so gefährlich ist, dass er nie mehr in Freiheit kommen darf und er sein Leben im Gefängnis beenden muss“, sagt Rechtsanwalt Thomas Franz, der den Sohn des getöteten Brühlers vertritt. Diesen Forderungen folgt das Gericht - und beendet damit die juristische Aufarbeitung eines brutalen Verbrechens, das die Region erschüttert hat.
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