Justiz

Neuer Prozess im Fall Torun: „Der Angeklagte ist das Böse in Person“

Ismail Torun wurde entführt, erpresst und ermordet. Zuvor töteten seine Peiniger einen Unternehmer aus dem badischen Brühl. 2018 haben Frankenthaler Richter die Täter wegen Mordes verurteilt. Doch in einer Frage muss neu entschieden werden

Von 
Agnes Polewka
Lesedauer: 
Der verurteilte Doppelmörder Ramazan G. zu Beginn des neuen Prozesses vor dem Frankenthaler Landgericht. © Agnes Polewka

Ramazan G. schirmt sein Gesicht mit einem Ordner ab. Die Außenseite hat er mit einer „Botschaft“ für die Medienvertreter versehen, deren Kameras auf ihn gerichtet sind: „Filmt euch selbst“ ist darauf zu lesen. Und ein Sätze-Wirrwarr, das um Lügen, Intrigen und „Wahrheitsverbiegung“ kreist. Der 56-Jährige wurde bereits im September 2018 von Frankenthaler Richtern wegen der Morde an dem Ludwigshafener Immobilienunternehmer Ismail Torun und einem weiteren Unternehmer aus dem badischen Brühl zu lebenslanger Haft verurteilt. Am Dienstag hat ein neuer Prozess in dem Fall begonnen.

Ein großer Teil des Geldes ist bis heute verschwunden

Mitangeklagt waren damals ein zweiter Entführer und eine Frau, die die beiden Opfer mit einer „Geschäftsidee“ in einen Hinterhalt lockte. Anschließend überwältigten G. und sein Komplize die Männer, forderten hohe Geldsummen - und töteten sie anschließend. 6000 Euro erpressten sie von einem Brühler Automaten-Aufsteller, rund eine Million Euro trieb Torun auf, in der Hoffnung, freigelassen zu werden. Ein großer Teil der Summe ist bis heute verschwunden.

Im September 2018 verurteilten die Frankenthaler Richter alle drei Angeklagten wegen Mordes und stellten die besondere Schwere der Schuld fest, die eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ausschließt. Und sie machten Ramazan G. als Drahtzieher der akribisch geplanten Verbrechen aus, ordneten Sicherungsverwahrung an. Die Richter legten damit fest, dass G. auch nach dem Ende der regulären Haftstrafe nicht frei kommen dürfe - zum Schutz der Allgemeinheit.

Gericht

Neuauflage im Torun-Prozess - Sicherungsverwahrung wird geprüft

Veröffentlicht
Von
Stefan Skolik
Mehr erfahren

Doch der Bundesgerichtshof hob diesen Teil des Frankenthaler Urteils auf. Und so sitzt Ramazan G. am Dienstag erneut im Sitzungssaal 20 des Frankenthaler Landgerichts. Verteidigt wird er von Rechtsanwalt Johann Bugday aus Haßloch und seiner Pflichtverteidigerin Miriam Haas aus Mannheim. Ein dritter Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Klein aus Ludwigshafen, hat sein Mandat kurz vor Beginn der Verhandlung niedergelegt. Auch Miriam Haas möchte der Angeklagte loswerden, weil sie für die Staatsanwaltschaft arbeite, ihn belogen habe, sagt er am Dienstag. Dies behauptete er bereits während der ersten Verhandlung, zog dazu bis vor das Oberlandesgericht - ohne Erfolg.

Sagen Sie uns doch, wie die letzten Minuten der Männer vor ihrem Tod abgelaufen sind
Appell des Richters

„Offenbar hat in der Vergangenheit niemand Klartext mit Ihnen gesprochen“, sagt der Vorsitzende Richter Karsten Sauermilch zu Prozessbeginn. Sein Blick ruht auf dem Angeklagten, dem er rät, seine Verteidigungsstrategie zu überdenken und das Verfahren durch Verteidigerwechsel nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Stattdessen könne er endlich Einsicht zeigen. „Sagen Sie uns doch, wie die letzten Minuten der Männer vor ihrem Tod abgelaufen sind“, sagt Sauermilch. Im Zuschauerraum weint eine Frau leise. „Von dem Geld fehlen immer noch mehr als 600 000 Euro. Wo ist das Geld?“ Da das Verfahren nur um die Frage der Sicherungsverwahrung kreise, werde er keine vollständige Beweisaufnahme aufrollen, sagt der Vorsitzende Richter und skizziert das weitere Vorgehen. Um sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen, plane er, Mitarbeiter der Gefängnisse in Frankenthal und Diez zu befragen, die Kontakt zu G. gehabt hätten. Außerdem hat die Kammer einen neuen Psychiatrischen Sachverständigen bestellt: Harald Dreßing, den Leiter der Forensischen Psychiatrie am Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit (ZI). Dreßing ist vor allem durch seine Forschungsprojekte zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche bundesweit bekanntgeworden.

„Der Angeklagte ist das Böse in Person“, sagt Rechtsanwalt Thomas Franz aus Ketsch am Rande der Verhandlung. Er vertritt den Sohn des getöteten Brühler Unternehmers, der wie die anderen Angehörigen darauf hofft, dass die Richter erneut die Sicherungsverwahrung anordnen.

Redaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke