Heidelberg/Mannheim. Verpflichtende Corona-Tests im Job-Alltag, sie sind fast vergessen. Gleichwohl beschäftigen damit verknüpfte Konflikte die Justiz bis heute. Das Landesarbeitsgericht (LAG) leuchtet einen solchen Streitfall aus. Eigentlich fordert eine Krankenschwester vom Heidelberger Uniklinikum als ehemaligem Arbeitgeber Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 100 000 Euro. Noch während der Verhandlung akzeptieren die Parteien einen Vergleichsvorschlag der Kammer. Dieser fällt zwar deutlich geringer aus - übersteigt aber den in erster Instanz zugesprochenen Betrag.
Der Vorsitzende Richter Thomas Meyer schildert die Vorgeschichte: Im Spätsommer 2021 hat eine damals fast drei Jahrzehnte beim Heidelberger Uni-Klinikum beschäftigte Krankenschwester ihren Nachtdienst auf der Radioonkologie angetreten und sich auf Corona testen lassen - mit negativem Ergebnis.
Krankenschwester erhielt Abmahnung
Zum Dienstende hin bekam sie gegen 4.30 Uhr den Anruf, doch infiziert zu sein. An Covid sollte nicht nur die Pflegekraft erkranken - auch ein Patient starb. Allerdings blieb ungeklärt, ob der Krebspatient wegen oder mit der Virusinfektion sein Leben verloren hat. Danach überschlugen sich die Ereignisse: Die Krankenschwester wurde in den „Springer-Pool“ versetzt. Sie erhielt außerdem eine Abmahnung, in der es auch um eine Krankmeldung ohne sofortige Vorlage einer Arztbescheinigung ging. Dies wurde später wieder zurückgenommen.
Bei der Verhandlung vor einer der drei Mannheimer LAG-Kammern zeigt sich: Es sind seelische Verletzungen, die den Konflikt befördert haben. Sichtlich aufgewühlt berichtet die Klägerin, dass ihr angelastet worden sei, Patienten wie das Team gefährdet zu haben. „Ich bin sogar beschimpft worden!“ Das Abziehen von ihrer angestammten Station habe sie als Strafe und obendrein als „rufschädigend“ empfunden. Hingegen argumentieren Anwalt und Vertreterin des Klinikums, die Versetzung habe einen internen Neuanfang ermöglichen sollen. Allerdings wird eingeräumt: Die Sache mit dem Test sei damals „unglücklich“ gelaufen. Zumal bis heute rätselhaft ist, wieso es zwei Ergebnisse gab.
Krankenschwester beteuert: "Geht nicht um Bereicherung"
Die Krankenschwester rutschte in eine Depression und erkrankte so schwer, dass Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde. Im März 2022 zog sie die Reißleine, kündigte selbst fristlos und klagte auf Schadensersatz wie Schmerzensgeld. Das Arbeitsgericht bestätigte, dass der erst negativ und später positiv ausgefallene Corona-Test nicht der Pflegekraft angelastet werden könne und stellte außerdem eine gegenüber der Klinikum-Mitarbeiterin verletzte Fürsorgepflicht fest. Die erstinstanzliche Kammer sprach der Klägerin 27 408 Euro zu.
Im Berufungsverfahren schildert die Krankenschwester und Mutter von drei Kindern unter Tränen, dass sie erstmals Schulden machen musste. „Mir geht es nicht um Bereicherung!“ Der Kammervorsitzende bemüht sich um einen Vergleich und schlägt vor: Bei der Ausgleichszahlung solle auch das höhere Gehalt mit noch voller Stundenzahl in die Berechnungsformel einfließen, sodass sich der Betrag auf 34 408 Euro erhöht. Nach einer Beratungspause stimmen die Klinikum-Vertreter ohne Rücksprache mit der Geschäftsleitung dem Vergleich zu - erbitten aber eine siebentägige Widerspruchsfrist. Die Klägerin akzeptiert den Kompromiss ebenfalls, „schweren Herzens“, wie ihr Anwalt betont.
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