Verkehrszeichen

SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz wollen auf Autobahnschildern werben

Darf man auf der Autobahn Werbung machen? Eigentlich nicht. Ausnahmen gibt es etwa bei Unesco-Welterbe-Stätten. Trotzdem ist es in Deutschland nicht so leicht, einfach ein Schild aufzustellen, das 20 000 Euro kostet

Von 
Stephan Alfter
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Analog zu den Schildern, die beispielsweise auf den Speyerer Dom hindeuten, sollen Jüdische Friedhöfe und die Speyerer Mikwe beworben werden. © Klaus Venus

Die Funktion dieses Verkehrszeichens ist eher untypisch: Es ist weder Gebot noch Verbot - vielmehr ist es eine Empfehlung, die Autobahn an dieser Stelle mal zu verlassen und sich einzulassen auf das, was diesen Landstrich historisch und kulturell geprägt hat. Nahezu jeder Autofahrer in der Rhein-Neckar-Region wird die in braun und weiß gehaltenen Schilder schon einmal wahrgenommen haben. Darauf abgebildet sind Sehenswürdigkeiten und Landmarken, die die Region ausmachen. Der Hockenheimring beispielsweise. Und der Goldene Hut in Schifferstadt. Der Gemüsegarten Rhein-Pfalz. Oder der Kaiserdom zu Speyer.

„Touristische Unterrichtungstafel“ heißt Verkehrszeichen 386.3 in korrektem Deutsch. Das Schild ähnelt einem Schaufenster und hat insofern auch eine Werbefunktion, wie Birgit Kita weiß. Kita ist Geschäftsführerin des Vereins SchUM-Städte. Speyer, Worms und Mainz sind in diesem Verein als Welterbestätten vereint - und zwar für ihre Bedeutung als „Jerusalem am Rhein“ im Mittelalter. Im Jahr 2021 hat die Unesco dem Antrag zugestimmt und somit einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ festgestellt (wir berichteten). Nun geht es dem Verein darum, den erlangten Status auch mit Leben zu füllen und in die Vermittlungsarbeit einzusteigen. Ein Weg dorthin soll die Werbung auf umliegenden Autobahnen sein.

Studie zu Schildern

Mit der Frage, wie wirksam touristische Unterrichtungstafeln sind, hat sich Sven Groß, Hochschullehrer für das Management von Verkehrsträgern an der Hochschule Harz, im Jahr 2019 beschäftigt.

In aller Kürze kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass sich neben sehr kurzfristigen Effekten, auch mittel- und langfristige Effekte nachweisen lassen.

Durchschnittlich hätten Personen, die aufgrund einer Ankündigungstafel von einer österreichischen Autobahn abgefahren seien, 35 Euro vor Ort ausgegeben. Die Zahlen hält er für übertragbar.

So ganz einfach ist das aber gar nicht. Bereits vor zwei Jahren machte sich der Speyerer Stadtrat für solche Hinweisschilder stark, passiert ist bis zuletzt jedoch wenig. Nun scheint Bewegung in die Angelegenheit zu kommen. „Die Stadt Speyer ist dazu im Austausch mit der Autobahn GmbH des Bundes“, teilte die städtische Pressestelle auf Anfrage dieser Redaktion mit. Nachdem die erste Prüfung bezüglich der Relevanz eines solchen Schildes als gegeben beurteilt worden sei, prüfe die Autobahnmeisterei nun im nächsten Schritt die Möglichkeit der Aufstellung an einem geeigneten Standort. Die Stadtverwaltung Speyer sei bestrebt, die Schilder bereits im kommenden Jahr umzusetzen.

„Die Autobahn GmbH benötigt die touristischen Schilder nicht“

Auf eine Anfrage bei der Autobahn GmbH, wie schnell eine Umsetzung möglich sei, antwortete diese zunächst grundsätzlich: „Die Autobahn GmbH benötigt die touristischen Schilder nicht. Als Betreiber der Autobahn ist es uns viel wichtiger, dass die Fahrzeuglenker nicht vom Verkehr abgelenkt werden. Daher ist ja auch jedwede Werbung entlang der Autobahnen verboten“, so ein Sprecher. Die touristischen Schilder seien eine Ausnahme, die strengen Regeln unterlägen. Hinzu komme die Frage, wer die Kosten trage, denn diese dürften nicht am Steuerzahler hängenbleiben, da es sich ja um Werbung für Kommunen oder Organisationen handle.

Auch hinsichtlich der Relevanz gibt es bei der Autobahn GmbH Richtlinien: Das Ziel müsse touristisch besonders bedeutsam sein. Das Ziel müsse entweder von der Autobahn aus sichtbar sein oder nicht mehr als zehn Kilometer Luftlinie von einer Anschlussstelle entfernt liegen. Und: Das Hinweisschild dürfe nicht innerhalb der Wegweiserkette einer Anschlussstelle aufgestellt werden. Zusätzlich dürfe dabei ein Abstand von 1000 Metern zu einer blauen Wegweisung nicht unterschritten werden. Für die Maße der Hinweise sei eine Größe von 2400 x 3600 Zentimeter vorgeschrieben.

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Pro Autobahnabschnitt sollen darüber hinaus nicht mehr als zwei Hinweisschilder aufgestellt werden, wobei ein Mindestabstand von 1 000 Metern untereinander nicht unterschritten werden soll. Nicht bekannt ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob das rund um Speyer eng werden könnte, denn für den Dom existiert bereits ein Welterbe-Hinweis - und ein Sammelsurium an weiteren Hinweisen in blau an Autobahnkreuzen und -dreiecken.

Kosten pro Autobahnschild betragen etwa 20 000 Euro

Was die Kosten betrifft, so rechnet die Stadt Speyer für Produktion, Installation und Wartung der Hinweise mit rund 20 000 Euro für eine Standzeit von etwa 15 Jahren. Die genaue Höhe der Kosten werde noch eruiert. „Die Kosten für die Aufstellung und Verankerung mag Fachfremde überraschen, aber die Schilder müssen auch Wind und Wetter standhalten“, sagt der Sprecher der Autobahn-GmbH. Aber Sicherheit (etwa bei Sturm) sei immer das höchste Gebot. Ob ein Hinweisschild im kommenden Jahr wirklich aufgestellt werden kann, will er nicht beantworten. Das hänge unter anderem von der Auftragslage bei den jeweiligen Firmen ab. Von den drei Welterbestätten beschreitet Speyer diesen Weg als erste Stadt. Mainz und Worms liegen in einem anderen Zuständigkeitsbereich der Autobahn GmbH. Die Abläufe seien zwar bundesweit ähnlich, aber eben nicht identisch, hieß es ...

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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