Berufstierrettung (mit Video)

"Rund um die Uhr erreichbar" - wie „Animal Control“ Tieren das Leben rettet

Von 
Sophia Gehr
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Michael Sehr hatte 2006 die Tierambulanz Ludwigshafen gegründet, aus der sich die Berufstierrettung Rhein-Neckar entwickelte. © Sophia Gehr

Rhein-Neckar. Gerade einmal 103 Gramm wiegt der junge Igel, den Tierretter Michael Sehr an einem Donnerstagmittag mit Handschuhen aus einem Karton hebt. Orientierungslos sei das Jungtier durch den Garten geirrt, berichtet der Mannheimer Finder. Sehr untersucht den Säugling, setzt ihn samt Wärmflasche in eine Transportbox und kontaktiert die nächste Auffangstation. Dort soll der Igel gefüttert und versorgt werden. Bereits am Morgen hatte sich der Finder telefonisch an die Berufstierrettung Rhein-Neckar gewandt. Weil er keine Igelstation in der Umgebung habe erreichen können, wie er sagt. Das Team von „Animal Control“ verwies ihn daraufhin zunächst an den Kommunalen Ordnungsdienst.

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Video: Auf Einsatzfahrt mit der Berufstierrettung Rhein-Neckar

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„Wir sind rund um die Uhr erreichbar“, erzählt Sehr. „Im Sommer klingelt das Telefon rund 200 bis 300 Mal am Tag.“ Unter den Anrufern seien auch viele Privatpersonen. Doch wie auch beim Igelbaby, muss der Tierretter die besorgten Finder in den meisten Fällen an den Ordnungsdienst oder die Polizei weiterleiten.

„Mit den meisten Gemeinden in unserem Einsatzgebiet haben wir Pauschalverträge“, erklärt Sehr. Da die Gemeinde die Kosten für das Fundtier trage, müsse sie auch über den Auftrag entscheiden. „Bei dringenden Fällen, wie etwa einem angefahrenen Hund, können wir natürlich nicht warten, bis sich die Behörde oder die Polizei bei uns meldet. Da zählt dann jede Minute.“

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Zuständig ist das Zwei-Mann-Team von Animal Control für alle Tiere – von der Kuh, über die Ratte, die im Gully feststeckt bis hin zur Bananenspinne. Der laut Sehr bislang spektakulärste Einsatz der Tierretter: Im September 2020 war in einem verunfallten Transporter auf der A 5 ein weißes Löwenbaby gefunden worden. Das Tier saß in einer Holzbox im Kofferraum. Sehr sicherte die junge Löwin mit einer Führstange. „Sie war total verängstigt und demnach sehr wehrhaft“, berichtete er damals dieser Redaktion.

Sehr und sein Mitarbeiter Abel Tesfay kümmern sich neben der Versorgung und dem Transport von verletzten Tieren und Fundtieren auch um die Bergung von Kadavern und unterstützen die Polizei bei Beschlagnahmungen. Am häufigsten gerettet werden laut Sehr aber Vögel – so auch an diesem Tag.

Das Igelbaby war orientierungslos in einem Garten unterwegs. © Sophia Gehr

Alarmiert durch die Beamten

Gegen 10 Uhr geht es für Tesfay vom Hauptsitz in Hochdorf-Assenheim in der Vorderpfalz nach Mannheim. „Die Polizei Käfertal hat uns benachrichtigt, dass eine verletzte Taube vor einem Treppeneingang sitzt“, berichtet er. Der junge Tierretter nähert sich langsam dem Vogel und greift ihn an den Beinen. Er blickt in den Schnabel und untersucht das Tier auf Krankheiten.

Auf der Wache wird der Vogel mit Wasser und Körnern versorgt. © Sophia Gehr

In einer Transportbox wird der abgemagerte Vogel schließlich auf die Wache gebracht. Dort warten Wasser und Körner. „Die Chance, eine geschwächte Taube wieder aufpäppeln zu können, liegt immer bei 50:50“, so Tesfay. Etwa fünf Mal pro Tag rücke die Berufstierrettung für Tauben aus – vor allem in Mannheim. Dieser Aufwand sei für Tesfay selbstverständlich: „Eine Taube spürt die gleichen Schmerzen wie ein Hund.“

Insgesamt haben Sehr und Tesfay im Jahr 2021 12.938 Tiere gerettet und transportiert. Die Berufstierrettung gibt es seit 2006. Sehr – damals noch beim Deutschen Roten Kreuz und der Feuerwehr tätig – habe zunächst die Tierambulanz Ludwigshafen gegründet, um sich adäquat um die Tiere kümmern zu können, die bei Einsätzen involviert sind. Mittels jährlicher Fortbildungen – wie beispielsweise der Gefahrentierschulung für Reptilien – sei daraus eine Berufstierrettung entstanden.

Redaktion Online-Redakteurin, zudem zuständig für redaktionelle Videos

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