ÖPNV

Rhein-Neckar: 49-Euro-Ticket hinkt noch und VRN-Nextbike bricht Rekorde

"Nur" 20.000 neue Kunden hat das Deutschlandticket dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar bisher beschert. Da hatte sich Christian Specht als Zweckverbands-Vorsitzender mehr versprochen. Die S-Bahn bleibt für ihn ein Sorgenkind

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Stephan Alfter
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VRN-Geschäftsführer Michael Winnes zieht eine erste Bilanz als Chef: Auf dem Maimarkt stellt sich der Verkehrsverbund den Fragen der Medien. © Stephan Alfter

Rhein-Neckar. Wie gelingt die Verkehrswende? Und welche Rolle spielen bei uns Leihräder sowie das 49-Euro-Ticket? 230 000 Kundenkarten haben die Verkehrsunternehmen im Verbund Rhein-Neckar (VRN) in den vergangenen Wochen auf das Deutschlandticket umgestellt. Zusätzlich verkauft wurden nach Angaben des Unternehmens seit Beginn des Angebots 20 000 weitere 49-Euro-Tickets. Mannheims Bürgermeister Christian Specht hob in seiner Funktion als Vorsitzender des VRN-Zweckverbandes bei einer Pressekonferenz am Montag einerseits die organisatorische Leistung der Beschäftigten hervor, andererseits zeigte er sich doch etwas enttäuscht von den Verkaufszahlen des viel diskutierten Fahrscheins, der bundesweit im Nahverkehr gültig ist und überall monatlich 49 Euro kostet.

8,8 Prozent Neukunden seien für ihn weniger als erwartet, so Specht. Gerne hätte er eine Steigerung von mindestens 15 Prozent gesehen. Christian Volz, kaufmännischer Geschäftsführer der Rhein-Neckar Verkehr GmbH (RNV), spricht gleichwohl von einem starken Interesse und einem Ticketversand, der auf Hochtouren gelaufen sei.

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Specht steht hingegen auf der Euphoriebremse, weil er die Kostenexplosion durch die stark gestiegenen Energiepreise genauso im Auge hat wie die überproportional gestiegenen Löhne nicht nur bei Busfahrern. Er hat Angst, dass neben allen Subventionen, die in das nun verbilligte Ticket fließen, gezielte Investitionen in ein attraktives Angebot und die Infrastruktur in der Region vergessen werden. Die S-Bahn Rhein-Neckar bezeichnete er einmal mehr als absolutes Sorgenkind. Hier liege aber ein Schlüssel für die regionale Verkehrswende. Er nannte als Beispiel das fehlende dritte und vierte Gleis zwischen Mannheim und HD.

Dieselpreis traf Busverkehr hart

„Nur das Verbilligen der Tickets führt nicht zu mehr ÖPNV“, so der CDU-Bürgermeister in Richtung des Bundesverkehrsministeriums und der Landesregierungen. Specht warnte davor, die kommunalen Haushalte, aus denen sich der ÖPNV zum Teil speist, über ihre Grenzen hinaus zu belasten. Neun Millionen Euro Mehrkosten für die angeschlossenen Städte und Gemeinden verursachte nach VRN-Zahlen im Jahr 2022 allein der um 45 Prozent angestiegene Dieselpreis, der den regionalen Busverkehr hart traf.

Bei allem Kostendruck betonte der noch neue VRN-Geschäftsführer Michael Winnes die uneingeschränkte Mobilitätsfreiheit, die das Ticket biete. Ausreden wegen zu komplizierter Tarife dürfe es nun nicht mehr geben. Klimaschutz sei extrem einfach. Man müsse das Ticket nur kaufen und losfahren, warb er für den ÖPNV.

Genau dieser ÖPNV wurde im Jahr 2022 im Gebiet des VRN weniger intensiv genutzt als vor der Corona-Krise. 332 Millionen Euro an Einnahmen aus Kundenfahrten sind für das Jahr 2019 festgehalten. Inklusive des Ausgleichs, den Bund und Länder für das Neun-Euro-Ticket aus Steuergeldern an den Verkehrsverbund zurückgezahlt haben, sind im Jahr 2022 nur 293 Millionen Euro Fahrgeld eingenommen worden. „Corona hat zu einem Einbruch bei den Fahrgästen geführt“, kommentiert Christian Specht, der sehr bedauert, dass die Pandemie in einer Zeit gekommen ist, in der man eine dynamischere Entwicklung habe erkennen können. 11,7 Prozent liegen die Einnahmen unter jenen des Vor-Corona-Jahres. Das Neun-Euro-Ticket habe eine engere Kundenbindung und damit langfristige VRN-Abos eher verhindert. Die Hoffnung sei nun, dass das Deutschlandticket wieder mehr Leute dauerhaft zum Umstieg bewegt. Beim VRN hätte man gerne ein Jahresabo statt eines Monatsabos angeboten - auch mit Blick auf die planbarere Einnahmesituation. Auffällig ist auch eine Feststellung, die VRN-Geschäftsführer Winnes vorträgt: Lediglich 8,3 Prozent der Fahrgeldeinnahmen wurden mit digitalen Tickets umgesetzt.

MA-Hauptbahnhof führt Liste an

Eine veritable Erfolgsgeschichte schreibt derweil das regionale Fahrradvermietsystem Nextbike. „Alle Erwartungen übertroffen“, sagt Christian Specht. 1,1 Millionen Ausleihen bedeuten eine Zunahme um 88 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. Die am weitaus stärksten frequentierte Ausleihstation hat ihren Standort am Mannheimer Hauptbahnhof. Pro Monat registriert VRN hier rund 46 000 Leihvorgänge. Top zwei dieser Liste ist bei A5 vor der Uni mit 25 500 Leihen und auf Platz drei folgt der Willy-Brandt-Platz in Heidelberg mit rund 23 500 Leihvorgängen pro Monat. Im Durchschnitt sind die Fahrten mit den Bikes 1,7 Kilometer lang. 390 Stationen in 21 Kommunen beschreiben das gesamte Verbundsystem, zu dem seit Dezember auch Viernheim testweise gehört.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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