Weinheim. Bei manchen Menschen sieht es von außen so aus, als würde es ihnen gelingen, die Schaffenskraft aus fünf Leben in ein einziges zu pressen. Ständig liest man über sie, dass sie schon wieder dies geschafft oder jenes bewältigt haben. Dazu lächeln sie oft genug noch in die Kamera, als wären all diese Leistungsherausforderungen eine Art Wellnesskur gewesen. Keine Augenringe, stattdessen ein entschlossener Blick und ein gebräunter Teint. „Das Wunderkind aus dem Kaufhaus“, lautete die Überschrift eines Artikels über Tristan Brandt im Januar 2019 in der „Zeit“.
Einziger deutscher Sternekoch in den USA
Als wir Tristan Brandt Anfang September 2025 auf der Terrasse seines neuen Domizils im Weinheimer Schlosspark Restaurant treffen, ist das einstige Wunderkind gerade aus Zypern zurück. Halb Familienurlaub, halb Business – so kann man das wohl nennen. Der Mann, der im Alter von 31 Jahren zum jüngsten Zweisterne-Koch Deutschlands wurde, ist seit April wieder auf einer Mission. Obwohl er derzeit der wohl einzige Deutsche ist, der in den USA in einem Sternerestaurant als Patron und Impulsgeber (Tambourine Room by Tristan Brandt) wirkt, ist er in Weinheim dabei, sein ganz eigenes Geschäft auf solide Füße zu stellen, das zwar hohes Niveau, aber eben keine Sterne verspricht.
Kann der Spitzenkoch mit seinen gut 20 Mitarbeitern auch in der Breite in Weinheims „Guter Stube“ überzeugen? Mit einem Sommersalat zum Beispiel? Oder einem Wintergemüse? Das ist hier die Fragestellung, wenn man bedenkt, dass es bei gutem Wetter allein 150 Sitze im Freien gibt.
Tristan Brandts Karriere
Der einst jüngste Zwei-Sterne-Koch Deutschlands ist Betreiber des Schlosspark Restaurants in Weinheim. Gleichzeitig wirkt er als kulinarischer Berater und Unternehmer für internationale Gourmet-Erlebniskonzepte.
Er repräsentiert eine moderne Küche auf französischer Basis mit asiatischen Einflüssen. Tristan Brandt lernte vor 20 Jahren in der Küche von Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt.
2013 bis 2020 war er Geschäftsführer des Opus V** und der engelhorn Gastro GmbH in Mannheim sowie ab 2020 von „959 & Pino‘s Bar“ in Heidelberg.
Der gebürtige Mainzer ist derzeit unter anderem als Patron im Tambourine Room by Tristan Brandt in Miami, Florida unterwegs. Ein weiteres Unternehmen ist das Winter Varieté by Tristan Brandt in Heidelberg.
Nun ist der Sommer erstmal vorüber und Brandt spürt die Erwartungshaltung seiner Gäste. Er weiß, dass das mit seinen jahrelangen Erfolgen – unter anderem – im Opus V in Mannheim zu tun hat. Trotz seines eigenen Stils mit einer modernen französischen Küche und asiatischen Einflüssen will er den Gästen in der Zweiburgenstadt ein unkompliziertes Angebot machen, das auch aus einem Schnitzel und einem Flammkuchen bestehen könne. „Niemand ist gezwungen, fünf Gänge zu bestellen“, sagt Brandt. Dass er dauerhaft selbst am Herd steht, ist gleichfalls nicht zu erwarten. Was aber definitiv der Fall ist: Das Senf-Dressing für den Sommersalat und sämtliche andere Rezepturen stammen aus der Feder von Tristan Brandt. Sein Personal ist geschult worden, die Vorgaben entsprechend umzusetzen. Er achte dabei auf gleich bleibende Qualität, sagt er.
Wandel vom ehrgeizigen Sternekoch zum vielseitigen Unternehmer
Der Deal in Weinheim kam für die meisten Beobachter recht überraschend. Und er beweist einmal mehr, dass Tristan Brandt bei aller Ruhe, die er auf die Menschen um ihn herum ausstrahlt, innerlich ein positiver Unruheherd ist. „Zwischen Arroganz und unbedingtem Ehrgeiz“ verortete ihn der „Zeit“-Beitrag im Jahr 2019. Heute strahlt Brandt eher eine Ausgeglichenheit aus. Vor 20 Jahren fing sein Stern an zu leuchten – bei keinem anderen als Harald Wohlfahrt. „Was wir gekocht haben, war herausragend“, sagte Brandt über Wohlfahrt in einem Interview.
Dass er sich in der obersten Etage der Gastronomie in Deutschland auskennt und behaupten kann, hat der seit mehr 20 Jahren in Mannheim lebende Sympathieträger schon mehrfach bewiesen. Das „Le Corange“ und das „Opus V“ führte er unter dem Dach der Engelhorn Gastro GmbH zu großen Weihen.
Danach trug er seinen Namen in die Breite. Als kulinarischer Consulter arbeitet er von nun an vielen Standorten – in Heidelberg, in Zürich und eben in Miami, wo er Tambourine Room by Tristan Brandt zu einer Marke an der amerikanischen Ostküste macht. Bis heute berät er Gastronomiebetriebe an mehreren Orten. Mal taucht sein Name bewusst auf, bei anderen wird er ebenso bewusst weggelassen. Wo der Name Tristan Brandt in der Metropolregion Rhein-Neckar seit einigen Jahren recht hoch im Kurs steht, ist das Wintervarieté, dem der nun 40-Jährige mit seinem großen Netzwerk auch in diesem Jahr die Treue hält. Seinen Plan, ein eigenes Restaurant zu eröffnen, habe er aufgegeben. So erzählte er es jedenfalls vor zwei Jahren dem unabhängigen kulinarischen Fachmagazin „Chefs!“. Da war Brandt 38.
„Schlosspark Restaurant ist keine Bühne für Eitelkeiten“
Was interessiert mich mein Geschwafel von gestern, mag der Küchenvirtuose im Beckenbauer‘schen Sinne gedacht haben, als er am 24. Februar, seinem 40. Geburtstag, – wie er augenzwinkernd formuliert – einen „Rentenvertrag“ als Pächter in Weinheim im Schlosspark Restaurant unterschrieben hat. Weinheim also forever? So richtig will Brandt dann doch nicht über die Vertragsmodalitäten sprechen. Ablesen lässt sich aber einiges vielleicht an den eigenen Eintragungen des Spitzenkochs auf der Homepage des neuen Objekts. „Das Schlosspark Restaurant ist kein flüchtiger Trend, keine Bühne für Eitelkeiten. Es ist ein Ort, der bleiben will – im Kopf, im Herz, im Gespräch.“
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