Justiz

OB-Wahl Ludwigshafen: Verwaltungsgericht weist Eilantrag von AfD-Kandidat ab

Joachim Paul (55) darf nach bisherigem Stand nicht an der OB-Wahl in Ludwigshafen teilnehmen. So argumentieren die Richter.

Von 
Stephan Alfter
Lesedauer: 
Joachim Paul, Mitglied der rheinland-pfälzischen Alternative für Deutschland (AfD), beschäftigt sich bei einem Landesparteitag mit seinem Smartphone. © picture alliance/dpa

Neustadt. Der rechtsextreme AfD-Kandidat Joachim Paul darf weiterhin nicht an der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen am 21. September teilnehmen. Das Verwaltungsgericht in Neustadt an der Weinstraße hat am Montag seinen Eilantrag, ihn doch noch zuzulassen, abgelehnt. Paul hatte am 8. August geltend gemacht, es liege eine Verletzung seines passiven Wahlrechts vor. Der Wahlausschuss sei nicht befugt, ihn als Bewerber abzulehnen, so Paul zur Begründung seines Eilantrags. Im Übrigen bestünden keine Zweifel an seiner Verfassungstreue.

Joachim Paul darf Ludwigshafener OB-Wahlen im Nachhinein anfechten

Diesen Eilantrag haben die Richter am Verwaltungsgericht nun abgelehnt: Der Antragsteller sei auf das nachträgliche Wahlprüfungsverfahren zu verweisen, argumentieren sie. Das bedeutet: Joachim Paul kann die OB-Wahlen in Ludwigshafen nach Auslegung des Verwaltungsrechts zwar im Nachhinein anfechten, aber sich vorher nicht ins Teilnehmerfeld zurückklagen.

Fragen + Antworten

OB-Wahl Ludwigshafen: Wie es mit dem abgelehnten AfD-Kandidaten Paul weitergehen könnte

Veröffentlicht
Von
Till Börner
Mehr erfahren

Anders, so die Begründung des Gerichtsbeschlusses, bestünde die Gefahr, dass kurz vor dem Wahltermin eine Fülle gerichtlicher Eilverfahren angestrengt würde, ohne dass in der Kürze der Zeit vor der Wahl die erforderliche Klarheit über eventuelle Wahlfehler gewonnen werden könnte. Das Gericht priorisiert demnach den ordnungsgemäßen Ablauf einer Wahl gegenüber der Frage, ob Pauls subjektive Rechte durch die Entscheidung des Wahlausschusses beeinträchtigt worden sind. Einstweiliger Rechtsschutz im Vorfeld einer Kommunalwahl könne nur in Ausnahmefällen zulässig sein, sagt das Verwaltungsgericht.

Ausschluss von Joachim Paul bei OB-Wahlen In Ludwigshafen: Einstweiliger Rechtsschutz nur in Ausnahmefällen

Solche Ausnahmefälle lägen nur dann vor, wenn bereits vor der Wahl festgestellt werden könne, dass das Wahlverfahren an einem offensichtlichen Fehler leide, der in einem späteren Prüfungsverfahren zur Ungültigkeit der Wahl führen werde. Allein: Ein solcher Fehler liegt nach Meinung der Neustadter Richter in Ludwigshafen aber nicht vor. Die Handlung des Wahlausschusses, dessen Entscheidung Paul ja widerspricht, wird vom Gericht als legitim und rechtskonform angesehen.

Der Wahlausschuss hatte Anfang August entschieden, Paul aufgrund von Zweifeln an seiner Verfassungstreue nicht zur Wahl zuzulassen. Der Wahlausschuss setzt sich nach den Mehrheitsverhältnissen im Ludwigshafener Stadtrat zusammen. Auch die AfD hätte zwei Leute dorthin entsenden dürfen, hat dies aber offensichtlich verschwitzt. Am Ausgang der dortigen Abstimmung hätte es aber wenig geändert, denn der Wahlausschuss unter Vorsitz der parteilosen Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck hatte mit 6:1 für den Ausschluss Pauls gestimmt. Die sieben Vertreter von CDU, SPD, FWG und Grünen hatten Zweifel, dass Paul das Grundgesetz in angebrachter Weise achten und vertreten würde, wäre er OB in Ludwigshafen. Das Gericht sieht diese Zweifel wohl als berechtigt an. Es gebe Anhaltspunkte, die die Zweifel begründeten, ob Joachim Paul „die Gewähr dafür biete, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten“, heißt es in der Begründung.

Anhaltspunkte für Verfassungsuntreue von Joachim Paul liegen vor

Der Antragsteller sei beispielsweise im Bericht des Verfassungsschutzes Rheinland-Pfalz 2024 namentlich benannt. Sein Wahlkreisbüro in Koblenz sei nach der Einschätzung des Innenministeriums „zu einer bedeutenderen Veranstaltungs- und Vernetzungsörtlichkeit herangewachsen“. Dort habe Paul im sogenannten Quartier Kirschstein am 17. August 2024 die „Messe des Vorfelds“ abgehalten, bei der bedeutende Akteure der Szene, darunter auch Vertreter des berüchtigten „Compact-Magazins“ und anderer Organisationen sowie AfD-Politiker anwesend waren. Vor allem die Teilnahme bekannter Influencer und Onlineblogger verdeutlichen die digitale Strategie der Szene. Bereits im Sommer 2023 trat der Rechtsextremist Martin Sellner im Rahmen seiner „Remigrations-Tour“ im Quartier Kirschstein auf und präsentierte seine sogenannten Remigrationspläne einem breiten Publikum. Nach diesen Plänen sollen eine große Anzahl von Migranten und auch deutsche Staatsbürger das Land schnell verlassen. Einen entsprechenden Vortrag soll Paul auch bei einer Burschenschaft in Niedersachsen gehalten haben. Paul ist selbst Mitglied einer Burschenschaft.

Legt Joachim Paul jetzt Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein?

Der Bericht des Verfassungsschutzes Rheinland-Pfalz 2024 drücke aus, dass Paul aktiv Beziehungen zur „Neuen Rechten“ unterhalte und verstetige, so das Verwaltungsgericht. Er lehne grundlegende Prinzipien des liberalen Verfassungsstaates ab und fokussiere sich auf die „ethnokulturelle Identität“ als zentrales Zugehörigkeitsmerkmal zu einer Gemeinschaft, steht dort. Dies sei nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Innenministeriums ein Widerspruch zum freiheitlichen Wesen des Grundgesetzes. Ob Paul jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintrete, bedürfe einer eingehenden und umfangreichen Prüfung, die so kurz vor der Wahl nicht abschließend durchgeführt werden könne, argumentieren sie Richter weiter.

Innerhalb von zwei Wochen kann Paul nun Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz einlegen. Ob er diesen Schritt gehen wird, ist bisher unklar. Er wolle sich mit seinem Anwalt besprechen, sagte er gegenüber dieser Redaktion auf Nachfrage. Am späteren Nachmittag bestätigte er schließlich gegenüber Medien, dass er Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einreichen werde.

Wie die Stadtverwaltung wenig später mitteilte, wird sie nun die Stimmzettel ohne den Antragsteller drucken lassen und die Wahlvorbereitungen fortsetzen. Voraussichtlich am 8. September öffne das Briefwahlbüro im Pfalzbau, Die Briefwahl kann bereits seit 11. August beantragt werden.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke