Premierenspektakel

Nibelungenfestspiele: Berliner Politik und Wormser Theater

Die Nibelungenfestspiele in Worms ziehen Prominenz an - und bieten Raum für politische Diskussionen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident witzelt: „Wir sind heute Abend beschlussfähig bei Ihnen.“

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Bernhard Zinke
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Der Heylshofpark lockt auch in diesem Jahr mit einem lauschigen Ambiente. Ein Besuch ist auch ohne Karten für die Festspiele möglich. © Rudolf Uhrig

Worms. Es ist kein Wunder, dass die große Politik an diesem Abend im kleinen Worms vor dem Start der Vorstellung einen Moment lang die Hauptrolle spielt. Schließlich sind Prominente aus Bundes- und Landespolitik Ehrengäste der Uraufführung von Roland Schimmelpfennigs Version des Nibelungenliedes. „See aus Asche“ heißt das Stück, das in gut zweieinhalb Stunden die Sage vom Anfang bis zum Schluss erzählt. In Berlin hat eine ganze Reihe der Ehrengäste die verschobene Wahl der Verfassungsrichter direkt vor Ort miterlebt, um danach nach Worms zu eilen.

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Renate Künast, einstige Fraktionsvorsitzende der Grünen, ist am Abend immer noch angefasst von den Ereignissen in Berlin. Sie selbst habe mit Koalitionspartnern in früheren Regierungsmehrheiten immer wieder Abstimmungen vorbereitet. Wenn Kandidaten schon absehbar nicht mehrheitsfähig seien, ob sachlich gerechtfertigt oder nicht, stelle man sie nicht zur Abstimmung, sagt sie: „Professionelles Regierungshandeln sieht anders aus“. Man treibe Verfassungsrechtler nicht auf diese Weise durch die Arena, das sei unwürdig. Nun unternimmt Künast den Versuch, „einen wunderbaren Sommerabend“ bei den Nibelungenfestspielen in Worms zu erleben. Auch in dem Wissen, dass es bei den Nibelungen in Worms nie gut ausgeht. Aber bei den Nibelungen findet das Drama nur auf der Bühne statt.

Schweitzer: „Wir sind heute Abend beschlussfähig bei Ihnen“

Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer wettert über die Ereignisse in Berlin, die er vor Ort miterlebt hat: Nach diesem Tag sei es ein großer Trost, in Worms bei den Nibelungenfestspielen zu sein. „Ich weiß, es wird ein guter Abend!“ Bevor er ernste Töne anschlägt, witzelt der Landesvater noch über die Anwesenheit des halben Kabinetts : „Wir sind heute Abend beschlussfähig bei Ihnen“. Schließlich sind mit Katharina Binz, Daniela Schmitt, Michael Ebling und Philipp Fernis gleich vier Minister in Worms.

Ministerpräsident Alexander Schweitzer ist am Abend noch angefasst von der vorerst gescheiterten Richterwahl im Bundestag und will mit den Menschen über Demokratie ins Gespräch kommen. © Rudolf Uhrig

Die Nibelungenfestspiele sind für Schweitzer ein kultureller Hotspot, der weit über das Land hinaus wirkt und die Gelegenheit für die Menschen bietet, sich auszutauschen. „Wir brauchen das Gespräch. Eine Gesellschaft lebt davon, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt“, sagt der Ministerpräsident. Aktuell seien zu viele Leute unterwegs, die eine Verengung des Kulturbegriffs anstrebten. Es sei wichtig, die kulturelle Vielfalt hochzuhalten. Als Stammgast der Festspiele weiß er, was auf ihn zukommt und wünscht dem Premierenpublikum nicht von ungefähr „einen reizvollen Abend“.

Festspielintendant Nico Hofmann am Premierenabend mit Schauspielerin Dennenesch Zoudé und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner © Rudolf Uhrig

Nico Hofmann begeistert von der „Magie der Sprache“

Nico Hofmann, der seit 2015 als Intendant die Geschäfte der Nibelungenfestspiele führt und dies noch bis – mindestens – 2028 tun wird, ist hochzufrieden mit dem diesjährigen Stück, der „Magie seiner Sprache“. Im Gespräch mit dieser Redaktion merkt er allerdings auch an, dass das Premierenpublikum zuweilen etwas spröde sei. Bei der Begeisterungsfähigkeit gebe es einen großen Unterschied zu den übrigen Festspielabenden. Da seien die Besucher nicht eingeladen worden, sondern wollten aus eigenem Antrieb das Stück sehen. Nicht zuletzt deswegen wünscht er dem Premierenpublikum „konzentrierte Aufmerksamkeit“. Die Inszenierung sei stimmig, das Ensemble „sehr, sehr gut“. Es brauche Schauspieler, die die Sprache Schimmelpfennigs sprechen könnten. Jasmin Tabatabai ist für ihn die Neuentdeckung auf der Bühne. Die Schauspielerin arbeitet eigentlich vor allem vor der Filmkamera, ist aber ebenfalls Festspiel-erfahren. In diesem Jahr spielt sie die Brunhild, 2006 und 2007 war sie bei Moritz Rinkes „Siegfrieds Frauen“ und „Die letzten Tage von Burgund“ eine sehr vielschichtige Kriemhild.

Jasmin Tabatabai überzeugt Nico Hofmann bei den aktuellen Nibelungenfestspielen als Brunhild. © Uwe Anspach/dpa

Überhaupt blicken Nico Hofmann und sein künstlerischer Leiter Thomas Laue zufrieden auf die vergangenen zehn Festspieljahre zurück. Es sei zwar eine große Kraftanstrengung gewesen, aber man habe überwiegend große Talente verpflichtet: „Wenn man sich die Karrieren nach den Festspielen anschaut, dann lagen wir bei 90 Prozent richtig“, freut sich Hofmann.

Nibelungenfestspiele

Erstmals seit dem Gründungsjahr 2002 sind die Nibelungenfestspiele in diesem Jahr schon vor der Premiere ausverkauft gewesen.

Für Kurzentschlossene lohnt vielleicht doch der Blick auf die Homepage „nibelungenfestspiele.de“. Dort werden nicht abgerufene Kontingente beispielsweise von Sponsoren wieder ins Kartensystem eingestellt.

Außerdem werden nicht abgeholte Karten am jeweiligen Veranstaltungstag an der Abendkasse am Eingang zum Heylshofpark ab 20 Uhr in den Verkauf gegeben.

Auch der lauschige Heylshofpark lockt zum Besuch, auch ohne Festspielkarten. Es gibt Flanierkarten im Vorverkauf und an der Abendkasse für vier Euro. Das Ambiente des Parks hat sich in den vergangenen Jahren zum Publikumsmagneten entwickelt. bjz

Neues Veranstaltungsformat: Demokratiegespräch

Auch Roger Vontobel ist an die Stätte seines dreifachen Wirkens zurückgekehrt. Der Schweizer Regisseur, der für drei ausgezeichnete bis spektakuläre Inszenierungen (2018, 2022 und 2024) verantwortlich zeichnete, freut sich auf das Stück in einem faszinierenden Bühnenbild. Er hat die besten Erinnerungen an Worms, an ein tolles Ensemble und ein waches Publikum.

Wie sehr Politik bei den Nibelungen eine Rolle spielt, zeigt unter anderem, dass die Wormser ein neues Veranstaltungsformat etablieren wollen. Beim Demokratiegespräch diskutieren am späten Sonntagnachmittag Jasmin Tabatabai und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer gemeinsam und mit dem Publikum über demokratische Teilhabe, Meinungsfreiheit und den Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt. Die Festspiele wollen gerade in einer Zeit der gesellschaftlichen Spannungen und Herausforderungen Räume schaffen, in denen Austausch möglich ist, und Menschen miteinander ins Gespräch kommen können. Der Eintritt zu diesem neuen Format im Wormser Mozartsaal ist frei, eine Anmeldung unter info@nibelungenfestspiele.de dennoch erforderlich.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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