Worms. Promigucken am roten Teppich. Rund 300 Zuschauer bilden die Kulisse fürs Schaulaufen vorm Eingang der Nibelungenfestspiele. Es gibt viel zu gucken. Schließlich haben sich viele prominente Persönlichkeiten für die Uraufführung des Stücks „See aus Asche – das Lied der Nibelungen“ in Worms angekündigt. Viele erfüllen die Wünsche nach Autogrammen und Selfies. Und natürlich gibt‘s auch das alljährliche Rätselraten, wer sich da gerade vor den Fotografen in Pose wirft. Sind das lokale Größen, die auch mal das Blitzlichtgewitter genießen wollen, oder echte Stars?
Manche nutzen den Auftritt für ein Statement. Schauspieler André Eisermann, einer der Mitgründer dieser Festspiele und Sohn einer Wormser Schaustellerfamilie, zückt mit seinem Mann Regenbogenfähnchen, als er sich in Positur wirft. „Flagge zeigen“, sagt er.
Anouschka Renzi, die während der Ära von Dieter Wedel ebenfalls schon auf der Bühne vorm Wormser Kaiserdom stand und als Premieren-Stammgast ebenfalls schon reichlich Erfahrung hat, ist mit ihrer Begleitung „ausgestattet wie die Bergsteiger. Wir sind für alle Jahreszeiten gewappnet“, sagt sie. Ja, es kann frisch werden gegen Mitternacht auf dem Festspielgelände unter freiem Himmel.
Einer, der schon von seiner Körpergröße viele überragt und bei dem die Zaungäste das Handys zücken, ist Harald Schmidt. Der Entertainer ist zum ersten Mal zu Gast in Worms. Die Nibelungen kennt er nicht aus der Schule, sondern von Wagners Ring, der freilich die Sage etwas variiert. Bei Wagner ist Wotan seine Lieblingsfigur – der Göttervater, der wirklich alles für seine Gattin tut und nichts als Vorwürfe erntet. „Hier ist es natürlich Hagen“, erklärt Schmidt seine Sympathie mit dem burgundischen Strippenzieher. Nicht nur, weil er Fan von Wolfram Koch ist, dem Hagen-Darsteller in diesem Jahr. Man finde ja auch Tony Soprano sympathisch, obwohl er ein Schwerkrimineller sei.
Gescheiterte Richterwahl im Bundestag auch in Worms ein Thema
Auch die Bundes- und Landespolitik ist an diesem Premierenabend prominent vertreten. Viele waren am Vormittag noch in der Bundeshauptstadt. Dass die Wahl der drei Verfassungsrichter im Bundestag gescheitert ist, steckt ihnen noch in den Knochen. Renate Künast, einstige Bundesministerin und Fraktionsvorsitzende der Grünen, übt scharfe Kritik an der Bundesregierung: „Professionelles Regierungshandeln geht anders“. Eine Person, die schon im Vorfeld erkennbar nicht mehrheitsfähig ist, ob berechtigt oder nicht, stelle man nicht öffentlich zur Wahl, sagt sie. Es sei unwürdig, Verfassungsrechtler derart durch die Arena zu treiben. Das habe ja fast schon Trump’sche Züge. Jetzt unternehme sie den „Versuch, einen wunderbaren Sommerabend zu erleben“. Bei den Nibelungen, die sich am Ende alle dahin metzeln.
Nico Hofmann, der seit 2015 als Intendant bei den Nibelungenfestspielen die Geschäfte führt, ist in diesem Jahr „sehr zufrieden“ mit der Aufführung. Was ihn diesmal besonders begeistert, ist die Magie der Sprache von Autor Roland Schimmelpfennig. Dafür brauche es Schauspieler, die diese Sprache können, „und die machen das sehr, sehr gut“.
Roland Schimmelpfennig hat kurz vor der Premiere ordentlich Nervenflattern. Der Autor, dessen Stücke zu den meistgespielten auf deutschsprachigen Bühnen gehören, hat großen Respekt vor der Kulisse des Doms und den 1400 Premierengästen. Die unterscheiden sich freilich häufig vom Publikum der weiteren 15 Aufführungen, weiß Nico Hofmann. Die seien dem Stück in der Regel deutlich zugewandter als das Premierenpublikum.
Die Chance auf Eintrittskarten für eine Vorstellung sind indessen denkbar gering: Die Festspiele sind ausverkauft.
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