Maßregelvollzug

Nach Kritik: Gespräch zum "Faulen Pelz" mit Sozialministerium

Zu wenige Therapieangebote, Drogenschmuggel und Schimmel - Ende Februar kritisierten 21 Strafrechtler die Zustände im Maßregelvollzug im Heidelberger "Faulen Pelz" scharf. Nun gab es ein Gespräch mit Ministeriumsvertretern

Von 
Agnes Polewka
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21 Strafrechtler haben Ende Februar in einem Brandbrief die „unwürdigen Zustände“ im Maßregelvollzug im „Faulen Pelz“ moniert. © Marijan Murat/dpa

Heidelberg. Die Stuttgarter Strafrechtler Lisanne Bühler, Mona Hammerschmidt und Matthias Sigmund haben in den vergangenen Wochen unzählige Presseanfragen erreicht. Der Grund dafür: ein Brandbrief, den die Juristen Ende Februar an die baden-württembergischen Fraktionschefs schickten. Im Maßregelvollzug im „Faulen Pelz“ in Heidelberg - in der Einrichtung sind suchtkranke Straftäter untergebracht - sei am 14. Februar 2024 nicht nur ein Patient verstorben, auch vieles andere sei in einem „unwürdigen und skandalösen Zustand“, schrieben die Strafrechtler in dem Brief, den 18 weitere Anwältinnen und Anwälte unterzeichnet haben. Einer von ihnen: der Mannheimer Strafrechtler Timo Kettler.

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Im Gespräch mit dieser Redaktion sagte Kettler, es habe inzwischen ein Gespräch zwischen Bühler, Hammerschmidt, Vertretern des baden-württembergischen Sozialministeriums sowie dem zuständigen Zentrum für Psychiatrie Calw gegeben. Dies bestätigte das Sozialministerium auf Anfrage. Rechtsanwältin Lisanne Bühler sowie ihre Kollegen Mona Hammerschmidt und Matthias Sigmund wollen sich aktuell nicht mehr öffentlich äußern. Eine Sprecherin des Sozialministeriums sprach von einem „konstruktiven Gespräch“, bei dem die vorgetragenen Punkte erörtert worden seien.

Das sind die Inhalte des Brandbriefs zu den Zuständen im "Faulen Pelz"

Kritikpunkte des Briefes waren gravierende bauliche Mängel, etwa kaputte Duschen und Schimmelbefall, aber auch verdorbenes Essen und viel zu wenige Therapieangebote für die suchtkranken Patienten sowie eine unzureichende ärztliche Versorgung. „Laut Ministerium soll es eine Begehung der einzelnen Unterbringungsräume gegeben haben, um die baulichen Mängel zu inspizieren“, so Rechtsanwalt Kettler, der - wie bereits berichtet - hervorhob, dass der Caterer inzwischen ausgetauscht worden sei.

Dies seien wichtige Signale an Mandanten, die er und seine Kolleginnen und Kollegen betreuen. Aber: Anderen Kritikpunkten habe man in dem Gespräch weniger Beachtung geschenkt als erhofft, erfuhr Kettler von seinen Stuttgarter Kolleginnen. Dazu gehöre etwa die Ausweitung von Therapieangeboten. Auch das Personal der Sicherheitsfirma sei nicht ausreichend überprüft worden.

Weiterer Vorwurf: Sicherheitskräfte im Faulen Pelz unter Einfluss von Betäubungsmitteln

In ihrem Beschwerdebrief schrieben die Juristinnen und Juristen, manche Sicherheitskräfte würden „den Patienten gegen Gegenleistung anbieten, Urinkontrollen zu fälschen oder Betäubungsmittel in die Einrichtung zu bringen“. Sie stünden bisweilen selbst unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln, schikanierten und bedrohten Patienten.

Bei einem Gesprächstermin mit der FDP-Fraktion wolle man die Probleme erneut erörtern, so Kettler. Auch die SPD-Fraktion habe die Juristinnen und Juristen zum Gespräch eingeladen. Bevor die Strafrechtler aber weitere Schritte gehen, warten sie auf Mitteilung der Heidelberger Staatsanwaltschaft. In dem ehemaligen Heidelberger Altstadt-Gefängnis, das bis Juni 2025 provisorisch vom Land als Maßregelvollzug für suchtkranke Straftäter genutzt wird, war Mitte Februar ein 27-jähriger Patient gestorben. Trotz Obduktion steht die genaue Todesursache bislang nicht fest. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat weitere rechtsmedizinische Untersuchungen angeordnet.

Redaktion

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