Tod eines 13-Jährigen - Der 14-Jährige, der die Tat mutmaßlich begangen hat, war bei erster Attacke im November noch nicht strafmündig

Mordverdächtiger war wenige Wochen zuvor in Psychiatrie

Von 
Stephan Alfter
Lesedauer: 
Der Tatort am Ortsrand von Sinsheim-Eschelbach. Außer einem blauen Handschuh weist nichts darauf hin, dass sich hier ein Drama abspielte. © dpa

Sinsheim. Zwischen heftigem Rätselraten und Fassungslosigkeit bewegt sich die Stimmung am Donnerstagvormittag in Sinsheim-Eschelbach. Einen Tag nach dem gewaltsamen Tod eines 13-Jährigen, der nach ersten Erkenntnissen der Justizbehörden Opfer eines heimtückischen Messerangriffs wurde, weiß hier noch niemand genau, was zu dem Drama geführt hat, das sich am Mittwochnachmittag wenige Hundert Meter vom Ortsausgang in Richtung Hoffenheim abgespielt hat. Etwas mehr als 2000 Einwohner zählt der Ort, in dem eigentlich fast jeder jeden kennt, wie es ein Mann ausdrückt, der gegen 12.30 Uhr neben der örtlichen Tankstelle am Grillimbiss steht, wo sich am Mittag einige Handwerker zu Currywurst und Cola versammeln.

„Warum rennt der überhaupt frei rum?“, fragt ein Mann, der sich Zigaretten holt. Schließlich, so hat es sich bereits herumgesprochen, habe der Tatverdächtige bereits im November einen Messerangriff auf einen Schulkameraden in der Östringer Thomas-Morus-Realschule verübt. Eine juristische Antwort auf diese Frage wird knapp dreieinhalb Stunden später der Leitende Oberstaatsanwalt Andreas Herrgen auf einer Pressekonferenz in der Sinsheimer Dr.-Sieber-Halle geben. Der Jugendliche sei zum Zeitpunkt der damaligen Tat noch nicht strafmündig gewesen und daher kein Fall für die Justiz, sondern für das Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises.

Jugendamt meldet sich

Von dort meldet man sich um 17 Uhr am Donnerstag prompt per Pressemitteilung. War man sich der Gefährlichkeit des Jugendlichen nicht bewusst? Der Tatverdächtige habe wegen des damaligen Gewaltdelikts mehrere Wochen stationär in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendpsychiatrie verbracht, wo er ein Anti-Aggressionstraining begonnen habe. Die Familie sei auch nach dem Verlassen der Einrichtung weiterhin durch das Kreisjugendamt betreut und unterstützt worden. Man wolle vollumfänglich mit der Kriminalpolizei kooperieren, um zu ermitteln, wie es zu der entsetzlichen Tat kommen konnte.

Mehr zum Thema

Sinsheim

Nach Tod eines 13-Jährigen: Fassungslose Mitbürger stellen Fragen und spekulieren

Veröffentlicht
Von
Stephan Alfter
Mehr erfahren
Obduktion soll Tathergang klären

Toter 13-Jähriger: Verdächtiger 14-Jähriger bereits für schweres Delikt bekannt

Veröffentlicht
Von
dpa
Mehr erfahren
Blaulicht

Polizei sucht weiter Zeugen nach Todesfall einer 64-Jährigen in Sinsheim

Veröffentlicht
Von
pol/tmu
Mehr erfahren

Genaue Erkenntnisse, was zwischen der Tat im November und Mittwochnachmittag geschehen ist, kann die Polizei nach den Worten von Siegfried Kollmar, Leiter der Kriminalpolizei, nach den ersten 24 Stunden der Ermittlungen noch nicht präsentieren. Was man weiß: Der 13-Jährige ist am Tattag zu einem Treffpunkt am Waldrand gelockt worden. Nach einer gewissen Wegstrecke soll der 14-Jährige auf den Jungen eingestochen haben. Die Ermittler gehen aktuell von einer gezielten Tat aus Eifersuchtsgründen aus. Der 14-Jährige habe ein Küchenmesser zu dem Treffen mitgenommen. Vermutlich habe es einen kurzen Kampf gegeben. Um wie viele Stiche es geht, gibt der Kripobeamte nicht an.

Eine Handyauswertung der Beteiligten wolle man schnell vornehmen. Unter den Einheimischen in Sinsheim-Eschelbach spricht sich der Eifersuchtsverdacht schon am Morgen herum. „Da ging es um ein Mädchen“, sagt der Vater einer Tochter, die seinen Angaben zufolge zuletzt eine Parallelklasse des mutmaßlichen Täters besucht hat. Jenes Mädchen sei bei der Tat anwesend gewesen, behauptet er. Stunden später bestätigt Kollmar, dass „ein strafunmündiges Kind“ am Tatort gewesen sei, über das er aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mehr sagen wolle und dürfe. Ob es an der Tat beteiligt gewesen sei, sei noch nicht klar. Der Hauptverdächtige habe sich bisher nicht geäußert.

Alter macht Fall außergewöhnlich

Während in Heidelberg noch die Haftprüfung läuft, kommen am Tatort am Vormittag einige Angehörige des Opfers zusammen. Sie laufen zu dem Platz, wo sich die Tat ereignete. Auf dem feuchten Boden sind noch zwei weiße Kreidelinien, die die Kriminaltechnik am Vorabend hinterlassen hat. Verschiedene Journalisten und Kamerateams, die auch Drohnen einsetzen, halten die Szene fest. Auf dem Boden liegt noch ein blauer Gummihandschuh, den vermutlich Ermittler liegengelassen haben.

Die spezielle Bedeutung des Sinsheimer Falles im Kontext spektakulärer Fälle machen auf der Pressekonferenz alle Sprecher klar. Sie ergebe sich aus dem sehr jungen Alter aller Beteiligten. Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht spricht von einem tief empfundenen Mitleid mit der Familie des Opfers. Sie werde seelsorgerisch betreut.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen