Tierseuche

Mensch-Hund-Teams helfen im Kampf gegen die Schweinepest

Bei der Suche nach Schweinepest-Kadavern gelten Hunde als „hundertprozentige Erfolgsfaktoren“. Auch Drohnen sind im Einsatz. 300 Mensch/Hund-Teams sind eigens für die Kadaversuche in Mosbach ausgebildet worden

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Jasper Rothfels
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Bei der Fallwildsuche kommen auch Drohnen zum Einsatz – aber mehr auf freiem Feld, nicht in Waldgebieten. © Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis

Eberbach. Dackeldame Milou macht noch kurz ein Geschäft, dann geht es los. Zielstrebig und schwanzwedelnd nimmt sie bei Eberbach eine nasse Senke neben der B45 ins Visier, inspiziert aufgetürmtes Totholz, dichtes Gestrüpp, schlammige Pfützen und das Ufer eines munter dahinplätschernden Bächleins – immer auf der Suche nach toten Wildschweinen, die das hochansteckende Virus der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in sich tragen könnten. Im Schlepptau hat Milou Hundeführerin Sandra Rapp, die den fünfjährigen Kurzhaardackel an einer langen orangefarbenen Leine hält. Tatsächlich könnten Schweine hier sein.

„Hier sind ganz frische Wechsel“, sagt die 55-Jährige mit Kennerblick. Sie lässt das Tier laufen, mit der Nase im Wind. „In dem Moment, wo sie einen Kadaver in den Wind kriegt, dann zieht sie in die Richtung“, sagt sie.

Infiziertes Wildschwein in Hemsbach - Afrikanische Schweinepest erreicht Baden-Württemberg

Rapp und Milou sind eines von etwa 300 Mensch/Hund-Teams, die eigens für die ASP-Kadaversuche vom Training Center Retten und Helfen GmbH (TCRH) in Mosbach ausgebildet wurden. Sie seien auf verschiedene Verwesungszustände trainiert, erläutet Uwe Deißler, selbst Hundeführer. Der 59-Jährige begleitet Sandra Rapp und den Hund, der um den Hals einen GPS-Sender trägt. Auf einem handygroßen Empfänger kann Deißler beobachten, welche Route Milou in dem von den Fachleuten vorgegebenen Areal nimmt – und ob sie überall war.

Deißlers Hündin Rosa wartet unterdessen im Auto, sie ist nachher dran, wenn Milou ausruht. Wie lang der Dackel durchhalte, fragt der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk (CDU), der zu dem Termin nahe der hessischen Landesgrenze am Freitag geladen hat. „So lange wie jeder Große auch“, sagt Sandra Rapp. „Mindestens.“

Die Seuche, die nur Schweinen gefährlich werden kann, wurde schon vor Wochen in Hessen und Rheinland-Pfalz nachgewiesen, vergangene Woche wurde dann ein infiziertes Wildschwein nahe Hemsbach geschossen, womit die ASP auch Baden-Württemberg erreicht hat.

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„Im Augenblick“ sei man aber seuchenfrei, sagt Hauk, der die Gelegenheit nutzt, um den Jägern zu danken, die auf gewisse Weise zu dieser Erkenntnis beitrügen. Die schössen nämlich fleißig Wildschweine, die dann untersucht würden. Das Untersuchungsamt in Karlsruhe habe berichtet, während normalerweise im August vier bis fünf Proben ankämen, seien es jetzt 80 bis 100. „Wir tappen also nicht im Dunkeln“, so Hauk.

Er weist auch auf die Mittel hin, mit denen nach infizierten Tieren gesucht wird: Drohnen und Suchhundeteams. Aber die mit Wärmebildkameras ausgestatteten Drohnen könne man nur über freiem Feld einsetzen und auch nur vormittags, „nachmittags wird es ein bisschen zu warm“, dann werde es schwieriger, mit den Kameras Kontraste wahrzunehmen. „In den Wäldern geht natürlich mit Drohnen gar nichts.“ Da bleiben nur die Hunde, die besser seien als die Kameras. „Die Hunde sind eigentlich hundertprozentige Erfolgsfaktoren.“

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Hauk erinnert daran, dass das Land vor fast vier Jahren mit dem Bundesverband Rettungshunde (BRH) vereinbart hatte, dass beim TCRH in Mosbach Rettungshunde und sogenannte Jagdgebrauchshunde für die Suche nach toten Wildschweinen ausgebildet werden. Das versetze das Land nun in die komfortable Lage, dass man über 300 Mensch-Hund-Teams habe.

Die Männer und Frauen arbeiteten alle ehrenamtlich, sagt Hauk, der den Kräften, die schon seit Wochen in Hessen im Einsatz sind, dankt. Das sei bei den Temperaturen und der Schnaken-Menge in der mittelrheinischen Tiefebene „kein Vergnügen, weder für den Hund noch für die Menschen“.

Und er betont, wie wichtig das Aufspüren von Kadavern ist. Wildschweine, die Überträger des Virus, seien Aasfresser, die auch vor Kadavern der eigenen Art nicht halt machten und so für die schnelle Virus-Verbreitung sorgten. Hauk weist auch auf die vorbeugende Wirkung der Elektrozäune hin, die derzeit von Forst BW mit Unterstützung des THW vielerorts errichtet werden, um die Ausbreitung der Tiere zu verhindern. Er habe den Eindruck, dass das Krisenmanagement gut laufe, so der Minister, der „das gekonnte Zusammenspiel vieler fachlich toller Menschen“ hervorhebt.

Die Teams müssen eine riesige Fläche absuchen

Jürgen Schart vom TCRH sagt, es sei eine „richtungsweisende Entscheidung“ gewesen, 300 Teams auszubilden, denn man müsse eine riesige Fläche absuchen – seit Mitte Juni hätten Drohnen- und Suchhundeteams 45 000 Hektar Wald- und Freiflächen in Hessen und Baden-Württemberg kontrolliert. Das seien über 1500 Mann- und Frau-Tage von Ehrenamtlichen. Dabei wurden 400 Kadaver oder Kadaver-Teile entdeckt, von denen über 100 das Virus trugen, die meisten davon in Hessen, einer in Baden-Württemberg. „Die Teams sind sehr lange, sehr viele Stunden unterwegs pro Tag und machen das nach wie vor mit einer großen Begeisterung und einer großen Freude“, so Schart. Die Hälfte der 300 seien Jäger, die anderen Rettungshunde-Führer.

Sandra Rapp, die aus dem Kreis Rottweil kommt und eigentlich Personalleiterin ist, findet in der schlammigen Senke zunächst nichts. Sie und Ex-Soldat Deißler aus Isny im Allgäu sind über das Jagen zur Kadaversuche gekommen. Sie habe als Jägerin auch eine gewisse Verantwortung und wolle so viel wie möglich dazu beitragen, dass das Land möglichst seuchenfrei bleibe, so Rapp.

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