Pandemie - Corona-Impfung ab fünf Jahren wichtig / „Ein Faktor, um die Pandemie auf Dauer zu beseitigen“

Kinderärzte in der Region halten Corona-Impfung ab fünf Jahren für sinnvoll

Von 
Jasper Rothfels
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In den USA sind Kinder bereits millionenfach geimpft – auch Kinderärzte in der Region befürworten das. © dpa

Rhein-Neckar. Eine Impfung gegen Corona für Kinder ab fünf Jahren: Das könnte hierzulande bald im großen Stil möglich werden, denn die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat den Impfstoff von Biontech/Pfizer am Donnerstag auch für die Altersgruppe der Fünf- bis Elfjährigen zugelassen. Eine Bewertung der Ständigen Impfkommission (Stiko), die Impfempfehlungen für Deutschland entwickelt, gibt es dazu aber noch nicht. Kinderärzte in der Metropolregion halten die Impfung von Kindern ab fünf für vertretbar, teils sogar für notwendig, wie eine Umfrage dieser Zeitung ergab.

Unterschiede gibt es in Nuancen: So würde Michael Dünckel aus Speyer nach Möglichkeit gern die Empfehlung der Stiko abwarten, in begründeten Einzelfällen aber auch ohne diese impfen. Seine Kollegin Daniela Klee aus dem südhessischen Bürstadt dagegen hält die vorliegenden Daten zur Impfung von Kindern und Jugendlichen für ausreichend – „gerade in der momentanen Situation, wo es so brennt“, sagt sie. „Es ist ja kein neuer Impfstoff.“ Allerdings will sie wie andere Kinderärzte warten, bis die eigens für Kinder ab fünf bemessenen Impfdosen zur Verfügung stehen, was ab 20. Dezember der Fall sein soll.

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Der Stiko reichen die Daten der Zulassungsstudie nicht aus. „Sehr seltene Nebenwirkungen kann man da nicht erkennen“, so ein Stiko-Mitglied zur „Tagesschau“. Die Kommission will Daten zu Komplikationen aus anderen Ländern sichten und noch im Dezember eine Empfehlung abgeben. In den USA zum Beispiel sind inzwischen fast drei Millionen Fünf- bis Elfjährige geimpft.

Schwere Verläufe bei Kindern

Nach Darstellung von Kinderärztin Klee hat sich die Lage verschärft. Sie habe inzwischen jeden Tag Kinder mit Corona-Infektion in der Praxis, berichtet sie. Am Anfang seien positive Tests noch die Ausnahme gewesen, inzwischen hielten sich positive und negative Tests die Waage. „Man merkt, dass es wirklich um sich greift.“

Und auch bei Kindern komme es zu schwereren Verläufen. „Wir haben Kinder, die wirklich lange Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Müdigkeit und so ein Fatigue-Syndrom haben, das heißt, dass sie immer wieder richtig müde sind, einschlafen und auch wirklich nicht mehr die Schule besuchen können“. Bei vielen ziehe sich die erzwungene Auszeit von Schule oder Sport über Wochen hin. „Es trifft zunehmend auch kleinere Kinder.“ Der jüngste Infizierte sei fünf Wochen alt gewesen. Es sei bei Müttern immer noch nicht ganz angekommen, dass auch Babys erkranken könnten, etwa an Bronchitis und Luftwegsinfektionen.

Klees Kollege Lothar Maurer aus Frankenthal berichtet von infizierten Schulkindern, „die jetzt danach doch Konzentrationsprobleme haben“, die Noten seien deutlich schlechter. Ein Brüderpaar habe er gerade in die Reha geschickt, eine junge Patientin im Rollstuhl habe mit Nervenlähmungen reagiert.

Zwar seien schwere Erkrankungen in dieser Altersgruppe selten und die meisten steckten eine Infektion wie eine starke Erkältung weg, aber die Kinder seien auch Überträger und könnten ein Risiko für Familienmitglieder sein, die – vielleicht aus medizinischen Gründen – keinen oder keinen vollen Impfschutz hätten. „Und wenn wir dann halt die Schulkinder als eine Gruppe zusätzlich impfen, ist das ein Faktor, um die Pandemie auf Dauer zu beseitigen“, so Maurer. „So sehen es ja auch die Israelis, so sehen es auch die Amerikaner.“ Der Grund, Kinder ab fünf zu impfen, sei, dass das Virus „allgemein sich nicht mehr so weiterverbreitet“, sagt auch Kinderarzt Dünckel aus Speyer.

Warten auf Impfstoff

Der Mannheimer Kinderarzt Marcelo Sena-Pritsch sagt, er vertraue der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, die „eine geringe Notwendigkeit“ zum Impfen normal gesunder Kinder sehe, weil diese nicht so schwer erkrankten. Andererseits sei festzustellen, dass die Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen „durch die Decke gehen, vor allem in so einer Stadt wie Mannheim“. „Wir merken, dass die Delta-Variante sich in den Schulen verbreitet wie ein Lauffeuer.“

Er hätte „ein besseres Gefühl, wenn mehr Schüler halt geimpft sind, damit einfach die Schulen weiterhin aufbleiben können“. Es gebe viele Eltern, die sich das wünschten, berichtet der Arzt, aber man werde erst impfen, wenn der „Kinderimpfstoff“ da sei.

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