Umwelt

Invasive Arten: Wenn Tiere in Massen in die Region einwandern

Immer mehr invasive Arten werden in der Metropolregion heimisch. Aber nicht alle stellen eine Bedrohung für andere Arten dar

Von 
Rahel Adel
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Ein Amerikanischer Ochsenfrosch. © Bernhard Zinke

Rhein-Neckar. Nilgänse am Badesee, Asiatische Hornissen in der Baumkrone, Ochsenfrösche im Teich und Schnappschildkröten im Rhein: Diese invasiven Arten gehören in der Metropolregion zu den verbreiteten Arten. Sie nerven nicht nur wie Nilgänse beim Picknicken oder Baden, sondern machen auch Landwirten, Imkern und Naturschützern Sorgen. „Invasive Arten sind nur ein kleiner Teil der Neozoen, die aber massive Probleme machen können“, sagt Lisa Tippelt vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt (LfU) in Mainz. Neozoen sind Tierarten, die sich seit Beginn des interkontinentalen Handels Ende des 15. Jahrhunderts durch Zutun des Menschen in ihnen zuvor fremden Gebieten angesiedelt haben.

Asiatische Hornissen stellen eine Bedrohung für andere Insekten, besonders für Honigbienen, dar. © Dietmar Funck

Die Europäische Union hat 2016 erstmals eine Liste invasiver gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten von unionsweiter Bedeutung herausgegeben und aktualisiert diese fortlaufend. Aus 37 Tier- und Pflanzenarten (darunter 23 Neozoen) sind demnach inzwischen 88 geworden, davon 47 Neozoen. Ein Überblick.

Asiatische Hornissen fressen immer mehr Honigbienen

Die ersten Nester Asiatischer Hornissen wurden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz 2014 entdeckt, 2019 dann das erste Nest im Käfertaler Wald in Mannheim. 2023 explodierte die Zahl in der Region, allein 100 Nester in Mannheim, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Auch in Südhessen ist die Asiatische Hornisse in Dutzenden Nestern zuhause. Die Insektenfresser, auf deren Speisekarte bevorzugt auch Honigbienen stehen, sind 2004 vermutlich in einer Warenlieferung von China nach Frankreich eingeschleppt worden.

Die Nosferatu-Spinne hat ihren Namen von der auffälligen Markierung auf dem Rücken. © Christoph Blüthner

Im Sommer zögen die Völker in ein zweites Nest um, oft in Bäumen bis 30 Meter hoch. Ihr halbkugeliges Nest habe einen Durchmesser von etwa 80 Zentimetern und beherberge bis zu 2000 Tiere. „Asiatische Hornissen haben sehr großen Hunger und sind wendiger als unsere einheimischen Hornissen, da sie auch rückwärts fliegen können“, sagt Tippelt. Zudem gibt es Fälle, in denen Asiatische Hornissen die Bienen direkt an ihren Fluglöchern abpassen.

Nilgänse dürfen gejagt werden - aber nicht überall

„Nilgänse können sehr aggressiv sein und andere Küken etwa von Stockenten im Einzelfall ertränken“, berichtet Christian Dietzen von der rheinland-pfälzischen Vogelschutzwarte. „Die Art hat das Potenzial, für andere Arten eine Gefahr darzustellen, das Problem hält sich aber noch in Grenzen.“ Die Nilgans-Population nehme seit den 1980er Jahren zu, vor allem am Rhein seien die Vögel sehr präsent. Besonders fielen Nilgänse auf, wenn sie Junge haben und sich dann - wie andere Gänse - mit anderen Familien zusammentun. Da könnten im Winterhalbjahr schon mal 500 bis 600 Tiere zusammenkommen. Aus der Sicht des Naturschutzes seien Nilgänse aber kein Problem, obwohl es immer mehr werden. „Keine andere Art ist in ihrem im Bestand von ihnen bedroht.“ Allerdings gebe es mancherorts erhebliche Konflikte mit den Menschen. Schwimmbäder, Golfplätze und Liegewiesen nennt Dietzen als Beispiele. Nilgänse dürften gejagt werden, allerdings nicht in Siedlungen. „Das ist Teil des Problems, denn sie merken das und halten sich dort besonders gerne auf.“

Auffällig gemusterte Jägerin: die Nosferatu-Spinne

Sie wurde erstmals 2005 im Süden Deutschlands gesichtet, inzwischen hat sie sich aber fast im gesamten Bundesgebiet breit gemacht: Die Nosferatu-Spinne. Auch in der vergleichsweise sehr warmen Metropolregion Rhein-Neckar fühlt sich der haarige Achtbeiner wohl. So stieg die Anzahl der gemeldeten Exemplare in den vergangenen Jahren deutlich an. Die Nosferatu-Spinne, die ihren Namen ihrer auffälligen, an den kahlköpfigen Vampir mit den hohlen Augen erinnernden Musterung auf dem Rücken verdankt, war ursprünglich im Mittelmeerraum heimisch. Vermutlich mit dem Güterverkehr schaffte sie es dann aber über die Alpen in hiesige Gefilde.

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Die achtbeinige Jägerin gehört zur Familie der Kräuseljagdspinnen. Ihr Körper kann bis zu zwei Zentimeter groß werden, mit Beinen misst sie bis zu acht Zentimeter. Die Nosferatu-Spinne spinnt keine Netze, sondern lauert ihrer Beute auf. Mit ihren Kieferklauen spritzt sie dem Opfer lähmendes Gift und „zutzelt“ es anschließend aus. Als eine der wenigen Spinnenarten kann sie mit ihrem Biss an dünnen Stellen menschliche Haut durchdringen. Der Effekt ist laut Experten vergleichbar mit einem schwachen Wespenstich.

Laut, schnell und im Schwarm unterwegs: Halsbandsittiche

Als invasive Art werden die grünen, lauten und schnellen Vögel nicht geführt, verbreiten sich aber immer stärker, im Grunde bereits in der ganzen Metropolregion. Die Verbreitung habe aber keine ökologischen Auswirkungen auf andere Arten - bis auf eine gewisse Konkurrenz um Bruthöhlen. Dabei seien sie aber Staren mitunter unterlegen. Die Sittiche hätten einen geregelten Tagesablauf, gingen gemeinsam auf Nahrungssuche und kehrten anschließend zu ihren festen Schlafplätzen zurück. Ähnlich wie Spechte könnten sie Bruthöhlen in der Dämmung von Häusern bauen.

Sind laut, schnell und treten immer im Rudel auf: Halsbandsittiche sind für andere Arten keine Bedrohung. © Julian Stratenschulte/dpa

Der Ochsenfrosch frisst viel und überträgt Hautkrankheiten

Der 15 bis 20 Zentimeter große nordamerikanische Ochsenfrosch hat nach Darstellung Tippelts einen „großen negativen Einfluss“ auf die Biodiversität. „Er frisst alles, was er bekommen kann, und ist damit auch eine große Nahrungskonkurrenz für unsere einheimischen, nur etwa sechs Zentimeter großen Frösche.“ Er könne auch einen Pilz übertragen, der bei Amphibien zu Hautkrankheiten führe. Besonders verbreitet ist der Ochsenfrosch im Kreis Germersheim in den Rheinauen sowie in einzelnen Seen. Mehr als 1000 Tiere sowie Larven und Laich seien bereits entnommen worden, berichtet Tippelt.

Großkrebse wegen der Krebspest und der Gefräßigkeit gefürchtet

Invasive Großkrebse bedrohten schon seit dem 19. Jahrhundert die heimischen Edelkrebse, weil sie Pilzkrankheiten übertragen und die Krebspest verursachen, wie Fulgor Westermann, Gewässerökologe am LfU, sagt. Aktuell sind vier Krebsarten von der EU-Liste auch in der Region nachgewiesen, darunter der Kamberkrebs, der Signalkrebs und der Louisiana-Sumpfkrebs. Der fortpflanzungsfreudige Kalikokrebs steht noch nicht auf der Liste. „Er kann in kleinen Stehgewässern die gesamte Pflanzen- und Tierwelt vernichten, weil er alles vollkommen leer frisst“, sagt Westermann. Allerdings baue er seine Wohnröhren vor allem in schlammigem Substrat und bleibe daher möglicherweise auf die gefällearmen Unterläufe der Nebengewässer des Rheins beschränkt.

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