Erneuerbare Energien

Im Eiltempo zu neuen Windrädern in der Metropolregion

Der Verband Region Rhein-Neckar muss bis September 2025 den Teilregionalplan Windenergie beschlossen haben. Die Vorgaben stellt die Experten vor große Herausforderungen  

Von 
Bernhard Zinke
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Bei Großniedesheim in der Vorderpfalz drehen sich die schon mehrere Windräder. Wo in der Metropolregion weitere entstehen dürfen, entscheidet sich bald. © Bernhard Zinke

Rhein-Neckar. Bei der Windenergie bläst der Metropolregion Rhein-Neckar sozusagen der Sturm ins Gesicht. Bis spätestens September 2025 muss der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) einen Plan vorlegen, auf welchen Flächen und in welchen Gebieten sich künftig Windräder drehen dürfen. Grund ist das Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg, mit dem die grün geführte Landesregierung Druck macht. Stuttgart will Berlin dabei sogar noch übertreffen. Denn der Bund lässt den Ländern für die Auswahl der Flächen Zeit bis zum Jahr 2032. Insgesamt kämpfen die Regionalplaner mit einer vertrackten rechtlichen Situation, vor allem hier in der Metropolregion, in der drei verschiedene Landesrechte aufeinandertreffen.

Wie viel Fläche muss die Region für Windenergie ausweisen?

Das kommt ganz auf das Bundesland an. Baden-Württemberg muss 1,8 Prozent seiner Fläche ausweisen, Rheinland-Pfalz und Hessen jeweils 2,2 Prozent. Allerdings gibt es in den Ländern unterschiedliche Maßgaben, wie das umzusetzen ist. Hessen beispielsweise setzt die Regel landesweit um. Wenn also etwa in den windigen Mittelgebirgslagen wie am Vogelsberg mehr Gebiete ausgewiesen werden als zwei Prozent, brauchen andere, etwa weniger windhöfige Gebiete nichts beizusteuern. Dann kann sich auch der Kreis Bergstraße entspannt zurücklehnen, wenn es die Flächen schon anderswo gibt. In Baden-Württemberg muss dagegen jede der zwölf Planungsregionen ihre eigenen 1,8 Prozent an Fläche bringen.

Wie will Rheinland-Pfalz die Windenergie regeln?

Dort ist das Landeswindenergiegesetz noch gar nicht final verabschiedet. Fest steht aber, dass auch hier die regionalen Planungsgemeinschaften gefordert sind, also in der Metropolregion der VRRN. Aber: Wenn ein Gebiet nicht genug Flächen beisteuern kann, weil es zu viele Ausschlussflächen gibt, dann lässt sich das auf eine andere Region übertragen. Konkret: In der Vorderpfalz ist absehbar, dass es nicht genug Flächen gibt, im weniger dicht besiedelten Bereich Rheinhessen-Nahe aber schon.

Als Zwischenziel müssen die Regionen bis zum Jahr 2026 zunächst nur 1,4 Prozent der Flächen bringen und in einem zweiten Schritt dann bis 2032 die kompletten 2,2 Prozent. Der VRRN will aber, wenn er schon einen Teilregionalplan Windenergie erstellt, den linksrheinischen Teil gleich mit einarbeiten.

Wie sieht’s aus mit Ausschlussflächen? Wo dürfen sich keine Windräder drehen?

Es gibt Abstandsregeln zu bebauten Flächenn. Auch Naturschutz-, FFH- undf Natura 2000-Gebiete unterliegen bestimmten Schutzregelungen. Allerdings haben sich die Schwerpunkte eindeutig in Richtung erneuerbare Energien verschoben, sagt Ralph Schlusche, Verbandsdirektor beim VRRN. Sakrosankt ist indessen nach wie vor der Pfälzerwald. Der steht unter einem besonderen Schutz. Hier dürfen sich auch nach 2032 keine Windräder drehen.

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Hat die Metropolregion genug Flächen, die sie für Windräder bereitstellen kann?

In aktuellen Arbeitsplan sind tatsächlich 3,7 Prozent der Fläche im badischen und 2,2 Prozent im rheinland-pfälzischen Teil identifiziert. Allerdings ist es der Erfahrung nach sehr unwahrscheinlich, dass alle Flächen im Lauf des Verfahrens unwidersprochen bleiben. Der Plan wird voraussichtlich ab dem ersten Quartal 2024 offengelegt. Dann können Interessenvertreter, Verbände oder Kommunen wie bei jedem Regionalplanverfahren ihre Einwendungen einreichen, warum sie welche Flächen für ungeeignet halten. Diese Einwendungen werden abgewogen.

Stellt der VRRN den Teilregionalplan in den Kommunen vor?

„Dafür haben wir diesmal tatsächlich keine Zeit“, bedauert Schlusche angesichts des extrem eng getakteten Zeitplans. Üblicherweise lassen sich nämlich im Gespräch vor Ort Bedenken vorab diskutieren und bestenfalls schon ausräumen. Das wird diesmal nicht möglich sein. Allerdings bietet der Verband in den nächsten Wochen Infoveranstaltungen auf Stadt- und Landkreisebene für die Kommunen an.

Was passiert, wenn die Region nicht genügend Fläche für Windenergie anbietet?

Wer nicht genügend Flächen anbietet, der öffnet dem Wildwuchs Tür und Tor. Der Bund hat nämlich das Baugesetzbuch geändert. Eine sogenannte Superprivilegierung erlaubt, dass dann Windräder im Grunde überall denkbar sind. „Unser Anspruch muss sein, genügend Flächen für Windkraftanlagen zu schaffen, um das Thema nicht dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen“, so Verbandsdirektor Schlusche.

Wie steht es um den Bereich der Freiflächen-Photovoltaik?

Auch hier muss der VRRN in einem eigenen Teilregionalplan Flächen ausweisen, auf denen Photovoltaik-Anlagen aufgebaut werden können, um Strom zu erzeugen. Die Idee ist hier, vor allem entlang der Autobahnen oder Eisenbahntrassen Flächen auszuweisen, die ohnehin nicht genutzt werden können. Allerdings schaffe man es selbst in der Metropolregion voller Autobahnen und Eisenbahnlinien nicht, genügend Flächen dafür anzubieten. „Ohne zusätzliche Flächen schaffen wir das Ziel hier in der Region nicht.“

Gibt es derzeit viele Investoren, die konkret Windräder und Solaranlagen aufbauen wollen?

Im Bereich der Freiflächen-PV drängen Investoren mit Macht auf den Markt, beobachtet Verbandsdirektor Schlusche. Bei der Windkraft warte der Markt dagegen ab. Potenzielle Anlagenbetreiber wollen sehen, welche Flächen genehmigt werden. „Ab der Offenlage der Pläne wird’s für die Investoren interessant“, so Schlusche. Diese Offenlage soll in der VRRN-Versammlung am 9. Dezember beschlossen werden.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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