Metropolregion. Am Montagnachmittag rauschte der Scheitel der Hochwasserwelle mit etwa 5,20 Meter Höhe durch Heidelberg, an diesem Dienstag wird der Rhein bei Worms seinen Höchststand von etwas über sieben Meter haben. Damit ist die Region im Vergleich zu den bayrischen und schwäbischen Landkreisen glimpflich davon gekommen. Eine Entwarnung wollen die Behörden aber noch nicht geben.
Die B 37 und die Ziegelhäuser Landstraße in Heidelberg bleiben auch in den kommenden Tagen gesperrt, auch wenn die Prognose auf der Seite der Hochwasservorhersagezentrale steil nach unten zeigt. Demnach würde der Neckar am Mittwoch wieder auf 2,50 Meter und damit in sein Bett zurückkehren. „Aber die Lage ist dynamisch“, sagt Stadtsprecherin Laura Schleicher. Schließlich hat es am Sonntag noch in vielen Teilen Baden-Württembergs geregnet - Wasser, das irgendwann im Neckar ankommt. Auf 5,20 Meter werde das Wasser aber nicht mehr ansteigen.
Gleichwohl sind die Neckarstaden, der Neckarmünzplatz und die Mönchgasse vom Hochwasser betroffen. Die Schutzwände halten nach Angaben der Stadt solide. Die Neckarwiese am Nordufer ist bis zum Fußgängerweg geflutet. Damit ist es bei einem - statistisch gesehen - Zehn-Jahres-Hochwasser geblieben. Wie groß die Schäden sind, werde sich erst nach dem Ablauf des Wassers zeigen.
Knapp an einer Flutung der Polder vorbei
Ein arbeitsreiches Wochenende hat auch Manfred Schanzenbächer hinter sich. Der Abteilungsleiter bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (GD) Süd mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße ist unter anderem für die Wasserwirtschaft zuständig und hat von Freitag bis Sonntag viel Zeit in sehr vielen Videokonferenzen verbracht. Gemeinsam mit dem rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt, dem Katastrophenschutz und der Landesregierung in Mainz hat er intensiv beraten, ob man erstmals überhaupt die gesteuerten Polder entlang des Oberrheins fluten soll.
„Das Problem am Wochenende war, dass der Neckar sehr viel Wasser in den Rhein transportiert hat“, erläutert Schanzenbächer die Problematik. Keiner habe aber so genau abschätzen können, wie viel Wasser ankommen werde. Dazu seien die lokalen Regenfälle in den Zuflussgebieten einfach zu unüberschaubar gewesen.
Es gibt allerdings einen Automatismus, der mit Baden-Württemberg und Frankreich genau festgelegt ist: Wenn der Rheinpegel bei Worms die Marke von 7,50 Meter überschreitet, dann öffnet die SGD Süd alle Polder von Wörth/Jockgrim über Mechtersheim, Flotzgrün bei Speyer und die Kollerinsel. Es wäre das erste Mal überhaupt gewesen, dass die Polder die riesigen Wassermassen aufgenommen hätten, um den Druck aus dem weiteren Flussverlauf herauszunehmen. Denn wenn die beiden Wellen aus Rhein und Neckar bei Mannheim und Ludwigshafen zusammenfließen, dann werden beide Städte durch den Rückstau der Wassermassen vom Norden her sprichwörtlich geflutet. „Unter anderem auch deshalb ist der Polder bei Altrip so wichtig“, betont Schanzenbächer die Bedeutung einer weiteren Fläche, um die noch heftig gestritten wird. Denn diese Fläche könne in unmittelbarer Nähe zu den Großstädten für eine weitere Entlastung sorgen. Daher ist auch der Pegel von Worms eine solch zentrale Stelle für die regionale Wasserwirtschaft. Es ist der erste Pegel nach dem Zusammenfluss von Rhein und Neckar, er gibt also sozusagen eine Schnellwarnung auch für die Hochwassersituation in Mannheim und Ludwigshafen.
Wichtig für die Beurteilung der Hochwasserlage sei übrigens nicht nur der Pegel, sondern der Durchfluss des Wassers. „Wenn das Wasser schnell ist, hat es sehr viel mehr Kraft und kann dann auch seine zerstörerische Wirkung entfalten“, berichtet Schanzenbächer das, was Fernsehbilder auch am Wochenende aus den bayrischen und schwäbischen Überflutungsgebieten gezeigt haben. „Deshalb wollen wir dem Rhein den Raum zur Verfügung stellen, den er früher mal hatte - wo es eben geht“, beschreibt der Abteilungsleiter.
Probleme am Riegeldamm im Bereich des Landeshafens Nord
Dass sich die Aufsichtsbehörde mit der Errichtung der Polderflächen in den vergangenen Jahren keine Freunde gemacht hat, ist bekannt. So ziemlich jede potenzielle Überflutungsfläche wurde von Interessengemeinschaften, Landwirten und Kommunen beklagt. Der Polder in Jockgrim (Kreis Germersheim) beschäftigte sogar das Bundesverwaltungsgericht. „Ich kann die Bedenken sehr gut verstehen“, sagt Schanzenbächer. Letztlich würde das Wasser auf den sonst landwirtschaftlich genutzten Flächen einen großen Schaden anrichten. „Da geht’s um landwirtschaftliche Existenzen“, weiß er. Deshalb flute man die Polder keineswegs leichtfertig und vorschnell. Aber es gehe um die Abwägung von Gütern.
In Mannheim waren Einsatzkräfte am Montag nicht nur mit der Beobachtung des Hochwassers beschäftigt. Sie mussten auch Autos von der überschwemmten Rheinpromenade entfernen. Eine Autofahrerin unterschätzte die Tiefe und fuhr ins Wasser.
In Ludwigshafen sorgt ein 2019 errichteter Riegeldamm südlich der A 6 am Landeshafen Nord für Probleme. Dort gebe es drei geöffnete Deichscharten, die im Hochwasserfall von den Städten Frankenthal und Ludwigshafen verfüllt werden müssen. Das vor Ort gelagerte Füllmaterial sei dafür aber zu aufgeweicht gewesen, berichtete Ludwigshafens Feuerwehrchef Stefan Bruck am Montag im Hauptausschuss. Die Stadt Frankenthal habe daher 500 Kubikmeter neues Füllmaterial beschaffen müssen, die Stadt Ludwigshafen kaufte mobile Dammsperren, um die Lage an der sensiblen Stelle im Griff zu behalten. Der Riegeldamm soll das Industriegebiet Nachtweide und die angrenzenden Siedlungsgebiete beider Städte vor Überflutungen schützen.
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