Kriminalität

Geldautomaten-Sprengungen in Rheinland-Pfalz: So schützen sich Banken vor Täterbanden

Es passiert nachts, ist laut und gefährlich: Geldautomatensprengungen. In Worms erläutert der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling, was über die Täter bekannt ist - und was gegen die Taten getan wird

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Bernhard Zinke
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Nach der Explosion einer Farbpatrone in der Geldkassette sind diese Scheine unbrauchbar. © Bernhard Zinke

Worms. In der verschlossenen Kassette zischt es zweimal binnen sechs Sekunden. Dann hat sich ein halber Liter Farbe komplett über die rund 2000 Geldscheine ergossen. Dieses dunkle Grün geht auch bei 30 Mal Waschen nicht mehr ab. Der Mitarbeiter der Firma Cennox demonstriert vor der Hauptstelle der Rheinhessen Sparkasse in Worms, wie unspektakulär, aber ausgesprochen wirkungsvoll diese Technik funktioniert. Die Farbpatrone ist nur eine von mittlerweile vielen Maßnahmen, wie Kreditinstitute ihre Geldautomaten vor überwiegend ausländischen Sprengkommandos schützen.

In Worms erläutern der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD), der Präsident des Landeskriminalamts, Mario Germano, und Thomas Hirsch, Vorsitzender des Sparkassenverbandes Rheinland-Pfalz, welche gemeinsamen Anstrengungen sie gegen die Täterbanden unternehmen.

Automatensprengungen: Täter aus den Niederlanden

In Rheinland-Pfalz hat das Landeskriminalamt, bei dem die Ermittlungen konzentriert zusammenlaufen, alleinein diesem Jahr 42 Sprengungen oder Sprengversuche registriert. LKA-Chef Mario Germano zeigt mit Asservaten, wie die hochprofessionellen Banden vorgehen.

Haben sie früher Gas in die Automaten eingeleitet und dann angezündet, ist mittlerweile fast ausschließlich Festsprengstoff das Mittel der Wahl - mit meist verheerenden Folgen. „Da fahren rollende Bomben über die Autobahn“, verdeutlicht Germano, was alleine schon der Transport des Sprengstoffs an den Tatort bedeutet.

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Die Täter kommen überwiegend aus den Niederlanden, sind Männer mit marokkanischem, seltener osteuropäischem Hintergrund. Sie sind zwischen 20 und 30 Jahre alt und leben im Bereich um Utrecht und Amsterdam, weiß der LKA-Chef durch die internationale Vernetzung der Ermittlungsbehörden.

Gerade erst im Oktober hat das Landgericht Frankenthal zwei 22- und 23-jährige Männer zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt - wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und wegen Diebstahls.

Innenminister Michael Ebling und LKA-Chef Mario Germano mit Asservaten. © Bernhard Zinke

Der schnelle Zugriff der Polizei ist für Innenminister Michael Ebling ein Indiz dafür, dass die Bündelung der Zuständigkeiten und das bundeseinheitliche Einsatzkonzept der Polizei bereits Früchte tragen. Seit dem vergangenen Februar, in dem die rheinland-pfälzischen Bankenverbände und die Sicherheitsbehörden eine enge Zusammenarbeit vereinbart haben, seien bereits 400 verschiedene Maßnahmen im Zusammenhang mit Automatensprengungen umgesetzt, so Germano.

Für den Tatzeitraum von 2017 bis heute seien mittlerweile 90 Tatverdächtige ermittelt worden, davon 18 alleine in diesem Jahr. Seit Juni gibt es auch für jeden einzelnen Standort der 2274 gemeldeten Geldautomaten eine Risikoeinschätzung der örtlichen Polizeipräsidien. Die münde dann in individuelle Präventionsmaßnahmen.

Banken investieren viel Geld in Sicherungssysteme

Das reicht von der nächtlichen Schließung einer SB-Stelle über Vernebelungsanlagen, Reduzierung der Bargeldbestände, Videoüberwachungen, diverse Meldesysteme bis hin zu den Farbkartuschen, die die Geldscheine unbrauchbar machen. Noch nicht für Deutschland zugelassen ist indessen ein Kleber, der beispielsweise in den Niederlanden die Geldscheine in einen Klumpen verwandelt.

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Die verschiedenen Maßnahmen kosten auch die Kreditinstitute eine Stange Geld. Alleine die 20 Sparkassen in Rheinland-Pfalz haben in der jüngsten Vergangenheit rund 12,5 Millionen Euro in verschiedene Sicherungssysteme investiert, wie Sparkassenverbandschef Thomas Hirsch erläutert. Da die Täter so rücksichtslos und brutal vorgehen, seien Automatensprengungen ausgesprochen belastend: Für die Mitarbeiter der Kreditinstitute wie auch für die Ermittler am Tatort- schließlich könnte sich am Gerät ja noch Sprengstoff befinden, der nicht detoniert ist.

Aber auch die Anwohner im Umfeld müssten regelrechte Schocks verkraften, wenn ein Sprengsatz mit großer Wucht hochgeht und dabei auch Gebäudeteile zerstört. Und nein: Die Automatensprengungen seien kein Szenario geheimer Mächte, um das Bargeld abzuschaffen, wischt Hirsch verschwurbelte Verschwörungstheorien zur Seite.

Sogar stillgelegtes Gerät gesprengt

Es müsse schlicht darum gehen, Tatanreize zu reduzieren. Es brauche aber auch Zeit für die Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen - und die Erkenntnis bei den Räubern, dass sich die Sprengung nicht lohne. Offensichtlich glauben die Täter auch nicht immer, was auf den Automaten steht. In der Südwestpfalz, berichtet Hirsch, hat eine Bande einen stillgelegten Automaten gesprengt, obwohl das deutlich sichtbar draufgestanden habe.

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