Gewalt

Fraktionschef von „Die Linke“ in Speyer nachts auf der Straße angegriffen

Die politisch motivierten Delikte gegen Politiker nehmen zu: In der Nacht auf Donnerstag musste sich 49-jähriger Lokalpolitiker, Fraktionssprecher im Speyerer Stadtrat, gegen einen tätlichen Angriff wehren. Seine Frau filmte den Fall

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Stephan Alfter
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Konkret soll der mutmaßliche Täter in der Nacht auf Donnerstag offensichtlich sein Fahrrad auf den Linken-Politiker Popescu geworfen und versucht haben, ihn zu schlagen. (Symbolbild) © Sina Schuldt/dpa

Speyer. Knapp zwei Wochen nach dem brutalen Angriff auf den Dresdner SPD-Politiker Matthias Ecke ist es am Mittwochabend gegen 23 Uhr in der Speyerer Innenstadt zwischen Dom und Altpörtel zu einem aggressiven Übergriff auf einen Lokalpolitiker der Stadtratsfraktion „Die Linke“ gekommen. Für den 49-Jährigen, der sich seit vielen Jahren für Antifaschismus und eine gerechtere Gesellschaft stark macht, ist es nach seiner eigenen Darstellung schon das zweite Erlebnis dieser Art mit einem 43-Jährigen, der sich nach Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft Frankenthal nun wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung verantworten muss.

Das ist Matthias Ecke, der Dresdner SPD-Politiker, der am 3. Mai brutal angegriffen wurde. Aurel Popescu möchte nicht mit einem Bild in der Zeitung erscheinen – aus Angst vor weiteren Angriffen auf sich und seine Familie. © dpa

Die Facebook-Freunde des Lokalpolitikers konnten noch in der Nacht auf dem sozialen Netzwerk lesen, wie der Fraktionssprecher der Linken den unmittelbaren Tathergang erlebt hat. Er schreibt dort: „Als wir uns auf dem Heimweg von der Podiumsdiskussion und einem Umtrunk im Wirtshaus am Dom befanden, wurden meine Frau und ich angegriffen.“ Und weiter heißt es dort: „Bis auf eine zerrissene Hose und kaputte Schuhe geht’s uns gut. Die mehrfach versuchte (gefährliche) Körperverletzung konnte ich abwehren, und Anni (seine Frau, Anm. d. Red) hat das Ganze gefilmt und der Polizei vorgelegt.“ Er fügt hinzu, dass der Täter der Polizei aus ähnlichen Kontexten bekannt sei, da er in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Angriffe auf „linke“ Menschen aufgefallen sei. So unter anderem im November in einem Lokal in der Speyerer Altstadt, das die „Linke“ als kulturellen Treffpunkt nutzt.

Angriff auf Speyerer Kommunalpolitiker: 43-Jähriger ist bereits einschlägig polizeilich bekannt

Hubert Ströber, Leitender Oberstaatsanwalt in Frankenthal, bestätigt neben dem ihm vorliegenden Fall vom Mittwoch, bei dem der Lokalpolitiker obendrein als „linksradikaler Wi ...“ bezeichnet worden sei, drei weitere Vorgänge ähnlicher Art, an denen der 43-jährige Beschuldigte beteiligt gewesen sei. Darunter ein Fall, in dem dieser Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen (zum Beispiel ein Hakenkreuz, Anm. d. Red.) verwendete. Die jeweiligen Anzeigen stammten aus den Jahren 2022, 2023 und 2024. Unter anderem widersetzte er sich Polizeibeamten. Konkret hat er in der Nacht auf Donnerstag offensichtlich sein Fahrrad auf den Linken-Politiker geworfen und versucht, ihn zu schlagen. Der 49-Jährige wich aus und fiel dabei über eine auf der Maximilianstraße stehende Bank für Fußgänger. Dabei blieb er glücklicherweise unverletzt. Eine Zigarettenkippe habe der 43-Jährige noch auf ihn geworfen.

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Susanne Merz
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Der Fraktionssprecher der Linken ist im Gespräch mit dieser Redaktion erstaunt, dass außer eines Platzverweises bis nach dem Vorfall vom Mittwoch nichts Weiteres geschehe und der Mann weiter frei herumlaufen dürfe. „Der Täter kannte sowohl meinen Namen wie auch meine Parteizugehörigkeit“, weist 49-jährige Lokalpolitiker auf die politische Motivation hin, die hinter dem Angriff stecke. Abschrecken lassen möchte er sich nicht durch den Vorfall: „Ich werde weiter für eine gerechtere Gesellschaft und unsere Stadt kämpfen. Allerdings ist meine ,Arena’ der Sitzungssaal und das Podium. Meine Waffen sind Argumente“, so der Politiker. Die Erfahrung sei für seine Frau schlimmer gewesen als für ihn. Sie hinterlasse Spuren und Narben.

Politisch motivierte Straftaten gegen Politiker nehmen zu

Dass Politiker in der Öffentlichkeit angegriffen werden, hat sich nach Statistiken des Bundeskriminalamts zwischen 2019 und 2023 gehäuft. Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) wurde 2019 von einem Rechtsextremisten auf der Terrasse seines Hauses erschossen. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (SPD) wurde 2015 ebenfalls von einem rechtsextremen Täter mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Im Jahr 2017 hat der heutige AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland nach der Bundestagswahl zur Jagd auf die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgerufen. Tatsächlich haben sich politisch motivierte Angriffe im Jahr 2023 verschärft. Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wurde Anfang Januar 2024 in Nordfriesland daran gehindert, eine Fähre zu verlassen. Ohnehin sind es Repräsentanten der Grünen, die am ehesten betroffen sind. 1219 Angriffe gab es Statistiken zufolge gegen sie im Jahr 2023 - mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2022. Die AfD war am zweithäufigsten betroffen - 478 Delikte gegen ihre Vertreter zählt die vorläufige Statistik für 2023.

Aus regionaler Sicht ist ein Fall vom Juni 2021 in Erinnerung geblieben. Damals war Hans-Dieter Schneider (SPD), früher Bürgermeister von Mutterstadt, von einem Kreistagskollegen der AfD mit der Faust ins Gesicht getroffen worden.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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