Die Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt ist eine der, wenn nicht sogar die am höchsten belastete Strecke im Bahnnetz. Rund 220 Züge rattern täglich über die Gleise, der Abschnitt zwischen Mannheim-Waldhof und Zeppelinheim bei Frankfurt gilt seit 2016 offiziell als „überlastete Strecke“. Diese Hauptschlagader des deutschen Eisenbahnverkehrs soll nun also ab dem 15. Juli 2024 fünf Monate lang komplett stillgelegt werden. Dass eine Sanierung dringend nötig ist, steht außer Frage. Aber welche Folgen das für die Bahnnutzer der Region konkret hat, ist noch gar nicht absehbar.
Besonders spannend dürfte die Frage werden, wie die Bahn den Ersatzverkehr organisieren will. Der Lampertheimer Bürgermeister nennt die Zahl von 3500 Bahnkunden, die alleine in der südhessischen Stadt täglich ein- und aussteigen. Machen wir doch mal die Rechnung auf, wie viele Busse nötig sind, um 3500 Fahrgäste aufzunehmen: Gelenkbusse fassen nach der Kalkulation des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen 150 Personen, Solobusse etwa 70. Wenn wir einen Mittelwert von 100 Menschen pro Bus nehmen, sind also 35 Busfahrten nötig, um allein die Bürger von Lampertheim zu ihrem Zielort oder wieder nach Hause zu bringen. Entlang der anderen Bahnhöfe potenziert sich diese Zahl. Stehen denn überhaupt so viele Busse zur Verfügung? Wir sprechen von zusätzlichen Bussen, die vor allem in den Stoßzeiten frühmorgens und zum Feierabend erforderlich sind – Evobus sollte schon mal anfangen, die Produktion hochzufahren. Von der Pünktlichkeit der Busverbindungen wollen wir da noch gar nicht sprechen. Aber die Bahnkunden sind ja schon jetzt gewohnt, dass Abfahrts- und Ankunftszeiten im Nahverkehr allenfalls Richtwerte sind und keinesfalls allzu ernst genommen werden sollten.
Es ist der Bahn zumindest anzurechnen, dass sie knapp zwei Jahre vor Beginn mit den Grobplanungen überhaupt an die Öffentlichkeit geht. Dass sie indessen noch keine Details vorweist, weckt Begehrlichkeiten in den Kommunen. Der Bergsträßer Landrat Christian Engelhardt (CDU) hat die Zeichen der Zeit am schnellsten erkannt. Er bittet die Bürgermeister im Ried bereits an diesem Freitag zu Tisch, um das Menü zu bestellen, das die Bahn im Zuge der Sanierung an ergänzenden Maßnahmen reichen könnte. Es wird ein hartes Ringen – um Einzelprojekte, um Kosten und um Zeit. Denn die spannendste Frage wird am Ende sein: Schafft es die Bahn, den Fahrplan ihrer Baumaßnahmen einzuhalten?
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Folgenschwerer Eingriff
Dass die Riedbahn saniert wird, ist überfällig. Was eine fünfmonatige Sperrung der Strecke bedeutet, lässt sich noch gar nicht absehen. Das Projekt wird eine logistische und finanzielle Herausforderung, findet Bernhard Zinke.