Heidelberg. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat nach umfangreichen Ermittlungen Anklage gegen eine ehemals in Sinsheim niedergelassene Fachärztin und einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde erhoben. Bei dem Ärzteehepaar handelt es sich mutmaßlich um Bodo Schiffmann und seine Ehefrau. Sie sollen falsche ärztliche Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt haben. Bereits Ende 2020 hatte die Staatsanwaltschaft Heidelberg ein Verfahren gegen den Sinsheimer Arzt Bodo Schiffmann eingeleitet (wir berichteten). Die Anklageerhebung erfolgte im Januar 2022. Dies teilte die Staatsanwaltschaft an diesem Dienstag mit. Man habe zunächst die Kenntnisnahme der beiden Angeschuldigten von der Anklageschrift abwarten müssen, heißt es weiter.
Auf Anfage dieser Redaktion sagte Bodo Schiffmann in einem von ihm live ins Internet gestreamten Gespräch, dass er bis dato keine Kenntnis von einer Anklage-Erhebung habe. Es gebe einen Generalbevollmächtigten, der die juristischen Angelegenheiten für ihn regele. Schiffmann sagte indessen, dass es seines Wissens kein anderes HNO-Ärzteehepaar aus Sinsheim gebe. Insofern bestätigte er indirekt, dass die Anklage ihm und seiner Frau gelte.
Auch Volksverhetzung ist Teil der Anklageschrift
Dem angeklagten Arzt wird laut Mitteilung vom Dienstag zudem vorgeworfen, in von ihm im Internet veröffentlichten Videos den Holocaust verharmlost und zu unfriedlichen Aktionen gegen die Regierung und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland aufgerufen zu haben. Er verglich in den Videos andere Ärzte, die ihre Patienten mit einem der – angeblich ungetesteten – Coronaimpfstoffe behandeln, mit Josef Mengele. „Bei diesem handelte es sich, wie allgemein bekannt ist, um einen nationalsozialistischen Kriegsverbrecher, der als Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau Selektionen vornahm, die Vergasung der Opfer überwachte und menschenverachtende pseudomedizinische Experimente an Häftlingen durchführte“, so die Staatsanwaltschaft laut Mitteilung. Darüber hinaus soll Schiffmann die Quarantäne aufgrund der Corona-Verordnungen mit der Inhaftierung in einem Konzentrationslager des Dritten Reiches verglichen haben.
Die inhaltlich falschen Atteste sollen die beiden Angeklagten zwischen der ersten Jahreshälfte 2020 und Mitte 2021 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet ausgestellt haben, die das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung während der Pandemie als lästig empfanden und ablehnten. Die Atteste bescheinigten jeweils, dass die genannten Personen angeblich aus medizinischen Gründen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen können. Gegenüber dem "Mannheimer Morgen" wiederholte Schiffmann am Dienstag, dass es keine Evidenz dafür gebe, dass die Maske einen Schutz biete.
Die Inhaber dieser Atteste wohnten teilweise bis zu 700 Kilometer von Schiffmanns Arztpraxis in Sinsheim entfernt. Eine persönliche ärztliche Untersuchung sei den Attesten nicht zu Grunde gelegen, so die Staatsanwaltschaft. Sie seien den Antragsstellern auf schriftlichen oder telefonischen Zuruf per Post zugeschickt worden.
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Schiffmann wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in zehn ausgewählten Fällen und Volksverhetzung in zwei Fällen erhoben. Gegen seine Frau liegt eine Anklage wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in siebzehn (ausgewählten) Fällen vor. Die Große Strafkammer hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Anberaumung der Verhandlungstermine zu entscheiden.
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