Kulturpolitik - Einigung mit Erbengemeinschaft

Einigung mit Erben: Gemälde aus jüdischem Besitz bleibt in Speyer

Von 
Stephan Alfter
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Das Coninxloo-Gemälde: Stephanie Tasch (l.,Kulturstiftung) und die rheinland-pfälzische Kulturministerin Katharina Binz betrachten das Werk. © Klaus Venus

Speyer. Ob der flämisch-niederländische Maler Gillis van Coninxloo vor etwas mehr als 400 Jahren geahnt hat, welche Bedeutung sein auf 1605 datiertes Werk „Waldlandschaft mit Reiherjägern“ eines Tages für das Historische Museum der Pfalz haben wird? Sicher nicht. Denn schließlich war im frühen 17. Jahrhundert nicht absehbar, dass der spätere Holocaust auch zu einer faktischen Enteignung von jüdisch-stämmigen Kunstbesitzern führen würde. Über mehrere Zwischenbesitzer, deren Identität meist unbekannt ist, befand sich das Gemälde zu Beginn der Nazi-Herrschaft jedenfalls im Besitz des seinerzeit nicht unbekannten Berliner Kunstsammlers Curt Glaser, der selbiges eben aufgrund seiner jüdischen Abstammung 1933 versteigern musste. Er brauchte das Geld für die Flucht vor den Nazis und seine Emigration.

Als das Werk zwölf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1957 vom Historischen Verein der Pfalz aus den Händen des Nürnberger Kunsthändlers Josef Mayring erworben wurde, da waren tiefe Debatten über kulturpolitische Verantwortung und eine nachhaltige Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen noch weit entfernt. Aber warum ist van Coninxloo für die Pfalz interessant?

Der Mann lebte im ausgehenden 16. Jahrhundert eine Zeit lang in Frankenthal und gehörte dort zu den Wegbereitern der Landschaftsmalerei, die damals noch keine eigene Gattung darstellte. Die „Waldlanschaft mit Reiherjägern“ schuf van Coninxloo nach seiner Rückkehr nach Amsterdam - womöglich im Rückbezug auf seine Zeit in der Pfalz. Ein Verweis auf einen bestimmten Landstrich fehlt jedoch, wenngleich man sich eine Auenlandschaft um den damals noch nicht begradigten Rhein herum gut vorstellen könnte.

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Von
Peter W. Ragge
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Das Gemälde ist eines der Hauptwerke des Malers und zählte insofern stets zu den wichtigsten Stücken in der Sammlung des Vereins. Das versichert nicht zuletzt der heutige Vorsitzende und frühere Oberbürgermeister Werner Schineller. Im Historischen Museum der Pfalz (2900 Mitglieder), das den überwiegenden Teil der Sammlung des Vereins zeigt, hat das Bild seit Jahren einen Platz. Der Unterschied ist nun: Museumsdirektor Alexander Schubert kann das Werk nun mit gutem Gewissen zeigen, weil die rechtmäßigen Besitzer, nämlich die Erben des 1943 in Lake Placid (USA) verstorbenen Curt Glaser, der das Gemälde 1933 aufgrund von genannten Nazi-Repressalien versteigern musste, endlich entschädigt worden sind - und zwar im Sinne der 1998 erreichten Washingtoner Erklärung, bei verfolgungsbedingtem Verlust eine gerechte Lösung zur Wiedergutmachung anzustreben. Die Erbengemeinschaft Glasers war deshalb vor längerer Zeit an den Historischen Verein der Pfalz herangetreten. Unbeantwortet bleibt die Frage nach dem Preis, den die Einigung verlangte. Dazu haben die Verhandler Stillschweigen vereinbart, wie Museumschef Schubert ausdrückt.

Schineller bilanzierte: „Ich bin dem Land Rheinland-Pfalz als Vermittler sehr dankbar, dass nun eine Einigung mit den Erben von Curt Glaser erreicht werden konnte.“ Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „An diesem Gemälde lässt sich die Geschichte der NS-Verfolgung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger vermitteln und wachhalten, aber auch die Geschichte von gelingenden Restitutionen im Sinne der Washingtoner Erklärung.“

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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