Umwelt

Demonstrationszug am Sonntag durch Mannheim: Dutzende Traktoren erwartet

Naturschützer und Landwirte ziehen nicht immer am selben Strang. An diesem Sonntag schon. In Mannheim demonstrieren sie gemeinsam gegen den neuen Regionalplan. Diese Folgen hat der Flächenfraß für uns

Von 
Bernhard Zinke
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Proteste gegen den Regionalplan gab es 2021 schon in Ludwigshafen. © C. Blüthner

Mannheim. Rund zwei bis drei Dutzend Traktoren werden am kommenden Sonntagnachmittag auf der Mannheimer Bismarckstraße vor dem Schloss anrollen, ein Demonstrationszug von möglicherweise 200 oder mehr Menschen vom Ehrenhof zum Paradeplatz, Marktplatz und wieder zurück zum Schloss marschieren.

Dort findet dann die Kundgebung statt, die den geharnischten Protest formuliert: Die Region verbraucht viel zu viel Ackerboden und Naturfläche, um Platz für neue Wohn- und Gewerbegebiete sowie Straßen zu schaffen – und damit Flächen zu versiegeln.

90 Fußballfelder pro Tag verschwinden

Adressat des Protests ist der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN), der für die Regionalplanung in der Metropolregion verantwortlich ist. Der VRRN wird in seiner nächsten Verbandsversammlung am 9. Dezember den Regionalplan diskutieren und seine zweite Offenlage beschließen.

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Der neue Regionalplan, der vermutlich Ende des kommenden Jahres in Kraft tritt, wird – so der Vorwurf des Bundesbündnisses Bodenschutz – rund 600 Hektar Acker- oder Naturflächen für Neuansiedlung von Gewerbe- und Wohngebieten freigeben. „Das macht uns zornig“, sagt die Vorsitzende des Bündnisses, die Weinheimer Rechtsanwältin Ingrid Hagenbruch. Zumal der Regionalplan 2000 Hektar Fläche für Gewerbe und 2500 Hektar für Wohnen als Reserve vorhalte.

Zum internationalen Weltbodentag, der seit 2002 jeweils am 5. Dezember begangen wird, erinnert das Bündnis an den noch immer zunehmenden Flächenverbrauch. Laut Angaben des statistischen Bundesamts verschwinden in Deutschland 60 Hektar Fläche pro Tag zugunsten von Bebauungen. „Das sind 90 Fußballfelder – pro Tag“, verdeutlich Hagenbruch die Dimension. Dabei habe sich die Bundesregierung schon vor 20 Jahren dazu verpflichtet, im Jahr 2020 nur noch 30 Hektar pro Tag freizugeben. Von der versprochenen Reduzierung des Flächenverbrauchs auf Netto Null sei man weit entfernt. Auch in der Metropolregion verschwinde statistisch gesehen knapp ein Hektar pro Tag.

So viel kühler ist unbebaute Fläche

„Wir wollen laut werden, so geht es nicht weiter“, formuliert Hagenbruch. Und Willi Billau, Vorsitzender des Starkenburger Bauernverbands in Südhessen, rechnet vor: „Wenn der Flächenverbrauch so weitergeht, haben wir in Südhessen in 110 Jahren keinen Acker mehr.“ Und das sehe im Rhein-Neckar-Kreis nicht anders aus. Im Bundesbündnis Bodenschutz kämpfen Umweltschützer und Landwirte Seite an Seite für den Erhalt der Naturflächen, die gleichermaßen Artenvielfalt und die Ernährung der Menschen vor Ort sicherstellten.

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„Beides nebeneinander geht“, betont Landwirt Billau unter zustimmendem Nicken von Jenni Follmann vom BUND-Landesverband Rheinland-Pfalz. „Um ökologische Landwirtschaft zu betreiben und die gleichen Erträge zu erzielen, brauchen wir mehr Flächen“, so Billau. Ganz nebenbei sorge unbebaute Fläche für natürliche Kühlung. „Ein Hektar Natur kann die Umgebung bis zu fünf Grad abkühlen“, erläutert Hagenbruch – in Zeiten des Klimawandels ein wichtiger Faktor.

Um 14 Uhr beginnt der Protestzug

Statt der Verschwendung wertvoller Fläche plädiert das Bündnis dafür, Industriebrachen und leerstehende, bereits versiegelte Flächen für neue Ansiedlungen zu nutzen. „In Deutschland stehen Gewerbegebiete in einer Größe der doppelten Fläche der Stadt Hannover leer“, sagt Jenni Follmann. Diese gelte es zuerst zu nutzen, bevor weitere Flächen versiegelt werden, die zudem eine Neubildung des Grundwassers verhinderten.

Am Sonntag treffen sich die Demonstranten um 14 Uhr am Mannheimer Schloss zum Demonstrationszug. Polizei und Ordnungsamt sichern die Strecke ab. Am Dienstag wird das Bundesbündnis Bodenschutz Ackerboden aus der ganzen Metropolregion als ganz besondere Wertsache an VRRN-Direktor Christoph Trinemeier übergeben. Damit verbinden es den Auftrag an die Verbandsversammlung, sie möge diesen Boden sehr sorgsam behandeln.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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