Rhein-Neckar. Mit Russlands Angriff auf die Ukraine und Deutschlands Verteidigungsplänen gegen potenzielle Attacken rücken die Bundeswehrstandorte wieder ins Zentrum des öffentlichen Interesses, auch in der Metropolregion. Dabei wird deutlich, was in den Kasernen zu tun ist, um sie auf den neuesten Stand zu bringen – und welche städtebaulichen Träume der veränderten Sicherheitslage vielleicht zum Opfer fallen.
Zum Beispiel in Speyer. Dort macht sich die Kommune Hoffnungen auf einen Teil des Geländes der Kurpfalz-Kaserne, die seit 2015 nicht mehr vom Militär genutzt wird. Auf einem Teil des Areals, auf dem sich auch eine Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) befindet, könnte ein lebendiges Wohn- und Dienstleistungsquartier entstehen, so die Idee der Stadt, mit bezahlbarem Wohnraum für junge Familien, Gewerbeflächen sowie Freizeit- und Spielanlagen im Grünen.
Platz für 350 Wohnungen und 25 Betriebe
Die Pläne sehen derzeit rund 350 Wohnungen und die Ansiedlung von etwa 25 Betrieben vor. „Das Projekt besitzt für die Stadt Speyer große städtebauliche Bedeutung“, sagt Pressesprecherin Janine Friedmann. Es werde als langfristige Chance zur nachhaltigen Stadtentwicklung gesehen. Nach Friedmanns Angaben hat die Stadt ihr Kaufinteresse am Gelände gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erneut bekräftigt. „Die notarielle Beurkundung wird noch im Jahr 2025 angestrebt.“ Seitens der BImA sei die Überarbeitung des Kaufvertragsentwurfs sowie die zeitnahe Übermittlung eines aktualisierten Vertragsdokuments zugesichert worden.
Bei der BimA ist davon auf Anfrage keine Rede. Stattdessen sagt eine Sprecherin, wenn die Behörde gemeinsam mit Kommunen die Konversion einst militärisch genutzter Grundstücke betreibe, geschehe dies immer unter dem Vorbehalt, dass der Bund diese möglicherweise noch einmal brauchen könne. „Das gilt entsprechend auch für die Kurpfalz-Kaserne in Speyer.“ Grundstücke, für die die Bundeswehr Bedarf habe, verkaufe man nicht. „Über solche Grundstücksbedarfe, unabhängig davon, ob sie bereits bestehen, neu entstehen oder entfallen sind, befinden sich BImA und Bundeswehr in ständigem Austausch“ – um sicherzustellen, dass kein benötigtes Grundstück verloren gehe.
Verteidigungsminister Pistorius lässt Bedarf prüfen
Eine eindeutige Antwort zu Speyer gibt es auch beim Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr nicht, das für die Liegenschaftsverwaltung zuständig ist. „Aktuell laufen die Planungen für den Aufwuchs der Streitkräfte“, so ein Sprecher. Es sei absehbar, dass es wegen der erforderlichen Verteidigungsfähigkeit und Vergrößerung der Truppe zusätzlichen Infrastruktur-Bedarf geben werde. „Vor diesem Hintergrund ist aktuell beispielsweise mit dem Verzicht auf Rückgaben von Liegenschaften an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu rechnen“, so der Sprecher.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte im Juli bei einem Besuch des Standorts Germersheim betont, dass bei jeder Kaserne, ob genutzt oder nicht, geprüft werde, ob man sie noch benötige. Vorher werde sie nicht weggegeben. Damit mache er sich bei Stadtoberhäuptern nicht nur Freunde, aber sie müssten sich bis zur Entscheidung gedulden.
Südpfalz-Kaserne in Germersheim ein „besonders negatives Beispiel“
Dass viele Kasernen auch wegen Geld- und Personalmangels in einem schlechten Zustand sind, hatte im März die damalige Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) im Wehrbericht 2024 betont – und die Südpfalz-Kaserne in Germersheim ein „besonders negatives Beispiel“ genannt. „Die Vielzahl maroder Gebäude, ihr stark sanierungsbedürftiger Zustand sowie der Umstand, dass bereits seit Jahren keine signifikante Verbesserung eintritt“, höben den Standort, bei dem alle Rekrutinnen und Rekruten der Luftwaffe den ersten Kontakt mit der Bundeswehr bekämen, von anderen ab. Hohe Abbruchquoten verwunderten deshalb nicht.
Der Sprecher des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr weist darauf hin, dass bereits zwei Unterkunftsgebäude abgerissen und neu gebaut wurden, bei anderen Gebäuden stehe das bevor. Insgesamt würden am Standort, an dem rund 350 Soldatinnen und Soldaten sowie Auszubildende stationiert sind, in den nächsten acht Jahren rund 100 Millionen Euro in viele Projekte investiert. Wegen des laufenden Betriebs könnten die Gebäude aber nur nach und nach abgerissen und neu aufgebaut werden.
Rund 150 Millionen investiert die Bundeswehr in Bruchsal
Gebaut wird auch in der General Dr. Speidel Kaserne in Bruchsal, wo die Zahl der Dienstposten wegen der Umgliederung des ABC-Abwehr-Bataillons 750 in das ABC-Abwehr-Regiment 750 um mehrere Hundert steigen soll. Derzeit gibt es dort rund 900 Soldatinnen und Soldaten.
Die bereits laufende Modernisierung soll noch zehn Jahre dauern, in denen rund 150 Millionen Euro in Großprojekte wie eine Hallenschießanlage, ein Sanitätsversorgungszentrum und eine Instandsetzungshalle fließen sollen. Für 15 Millionen Euro werden gerade zwei Unterkunftsgebäude für 156 Männer und Frauen gebaut.
Die Bauverwaltung Baden-Württemberg vergebe Aufträge an regional ansässige Baufirmen, so der Sprecher des Bundesamts, bei den Großprojekten würden auch Generalunternehmer beauftragt.
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