Mannheim. Charmant, scharfsinnig und erst dieser wohldosierte Wiener Schmäh: Rainhard Fendrich ist einer dieser Künstler, dem das die Kunst, Menschen in seinen Bann zu ziehen wohl schon in die Wiege gelegt scheint. Wenn der Sänger auf der Bühne steht, steht die Zeit still. Und auch, wenn schon einige Jahre vergangen sind, seit Fendrich in den 1990er Jahren bei der Kult-Sendung „Herzblatt“ Amor gespielt hat – der hochgewachsene Mann mit den inzwischen silbrig ergrauten Haaren hat sich seine spitzbübische Ausstrahlung bewahrt. Eigentlich hätte sein Konzert im Rahmen seiner „Starkregen“-Tour bereits im August 2020 als Open-Air in Ladenburg stattfinden sollen. Am Freitagabend wurde sein Auftritt im Musensaal des Mannheimer Rosengartens nachgeholt. „An dieser Stelle, ganz herzlichen Dank, dass Sie uns die Treue gehalten haben und die Karten nicht zurückgegeben haben“, sagt er mit seinem melodiösen Wienerisch, mit dem er auch seine Lieder singt.
67-jähriger Liedermacher übertrifft die Erwartungen
Die Eröffnung könnte nicht passender sein. Mit dem heiteren Stück „Rock ‘n’ Roll Band“, bei dem der Künstler mit gutem Gefühl an den Start seiner Musikkarriere in jungen Jahren zurückdenkt, begrüßt er die rund 700 Zuschauerinnen und Zuschauer – und legt damit die Messlatte sehr hoch. Doch der Liedermacher übertrifft die Erwartungen sogar. Der 67-Jährige begleitet sich selbst an der Akustikgitarre, zudem bekommt er Unterstützung von seiner Band.
Der Austropop-Musiker nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Zeitreise von mehr als 40 Jahren Musikgeschichte. Seine eingängigen Melodien, gepaart mit tiefsinnigen Songtexten, die mal humorvoll, dann wieder melancholisch, ironisch-bissig oder kritisierend sein können, berühren das Publikum. Sein rockiges „Haben Sie Wien schon mal bei Nacht geseh’n“ ist eine Hommage an seine Heimatstadt, die einen ganz anderen Blickwinkel auf die Metropole wirft. Bei dem leicht düsteren „Die Geisterbahn“, verarbeitet er autobiografische Erinnerungen an seine erste Fahrt mit dem gruseligen Fahrgeschäft auf dem Prater. Das poppige „Blond“ nimmt den Mythos der Haarfarbe augenzwinkernd aufs Korn während „Frieda“ humorvoll über eine unerwiderte erste Liebe singt. Manchmal frage er sich, was aus der Schickeria geworden ist, sagt er, bevor er die sogenannte Hautevolee gekonnt durch den Kakao zieht. „Strada del Sole“ zeigt mit viel Witz, dass der Urlaub von Bella Italia schon mal zum Alptraum werden kann.
Doch auch ernsten Themen wendet sich Fendrich zu. Manche Lieder hätten ein Verfalldatum. „Nicht so das Folgende. Es ist in den letzten 25 Jahren zu einem Evergreen geworden“, betont er bevor er „Tango Korrupti“, das Korruption anprangert, unter Beifall, anstimmt. Bei dem dunklen Stück „Sag ma net es gibt kan Teufel“ bekommen Diktatoren und politische Despoten ihr Fett weg. In dem leicht getragenen und doch zuversichtlich klingenden „Schwarzoderweiß“ entlarvt er Rassismus und betont, dass alle gleich sind. Er gibt fünf Zugaben, darunter seine witzigen Hits „Macho Macho“ und „Oben Ohne“. Mit der wunderschönen Ballade „Frieden“, das gleichzeitig ein pazifistisches Statement ist, verabschiedet sich Fendrich unter tosendem Applaus.
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