Heppenheim. Bei der Aufsehen erregenden bundesweiten Großrazzia in der Szene der selbsternannten „Reichsbürger“ ist auch eine Frau aus Heppenheim festgenommen worden. Für sie wurde – wie für die anderen am Mittwoch festgenommenen Personen– vom Ermittlungsrichter Untersuchungshaft angeordnet.
Laut Vorwurf des Bundesgeneralanwalts sind die Festgenommenen - als Mitglied oder Unterstützer - an der Bildung einer terroristischen Vereinigung beteiligt gewesen. Die Heppenheimerin war nach vorliegenden Erkenntnissen sogar Bestandteil der „Schattenregierung“, die die „Reichsbürger“ für die Zeit nach einem erfolgreichen Staatsstreich vorbereitet hatten. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ meldet, sollte die Frau in dieser zukünftigen Regierung für „Transkommunikation“ zuständig sein.
Seit 1980 als Astrologin aktiv
Die Heppenheimerin ist von ihrer Wohnung aus nach eigener Aussage seit 1980 als Astrologin, Wahrsagerin und Kartenlegerin tätig. Einige Zeit später gründete sie auch ihren eigenen esoterischen Verlag. Auf ihrer Webseite, die am Samstag weiterhin zugänglich war, schreibt sie u. a., dass sie derzeit „allgemeine Prognosen zur politischen und Weltsituation (...) nicht öffentlich machen“ werde, „da diese Zeit zu heikel ist und derjenige, der seine Meinung kundtut, in Gefahr ist. Nur so weit: Die Jahre 2022-2024 sind die Jahre des großen Umbruchs, sowohl wirtschaftlich, medizinisch als auch politisch. Außerdem haben wir eine Jahrhundertkonstellation, wie sie letztmalig 1914 bestand. Ab kommendem Jahr stellen sich gänzlich andere Wertigkeiten ein“.
Auf Facebook war die Heppenheimerin ebenfalls aktiv und bekundete dort u. a. ihre Sympathie für Thesen des ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen und der AfD. Laut Tageszeitung „taz“ ist die Frau schon in der Vergangenheit bei ihrem Engagement für die AfD in Heppenheim „durch esoterische Ideen und besondere Radikalität aufgefallen“, hat Staat und Regierung in Frage gestellt und ihre inhaltliche Nähe zum AfD-Lager um den thüringischen Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke demonstriert.
Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke sieht denn auch große Schnittmengen zwischen der „Reichsbürger“-Bewegung und der AfD. Die Überlappungen seien ideologisch sehr breit, sagte der emeritierte Professor für Politikwissenschaft der „Berliner Zeitung“. Er warnte vor einer Verharmlosung der „Reichsbürger“. Die Bewegung sei per Definition extremistisch. Was der Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Björn Höcke bei einer Protestkundgebung am diesjährigen Tag der Einheit im thüringischen Gera dazu gesagt habe, sei „ein faschistisches Gesamtprogramm“. Der 2020 offiziell aufgelöste „Flügel“ in der AfD um Höcke, aber auch andere, stellten sich gegen Minderheiten auf: „Diese Ideologie ist in ihrer Gewaltaffinität ernst zu nehmen, und insofern gibt es Überlappungen zum Reichsbürgertum.“
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