Keine Frage: Ein Messer ist auf Nahdistanz eine sehr gefährliche Waffe. Es lässt sich ganz unterschiedlich einsetzen, man weiß nicht, wie gut ein Angreifer damit umgehen kann. Völlig verständlich, womöglich gar zwingend geboten, wenn sich da ein Polizist mit der Schusswaffe verteidigt. In dem tragischen Fall, der sich am Tag vor Heiligabend auf der Schönau ereignete, ist die Situation aber nicht so eindeutig.
Das gilt besonders, wenn man mit Augenzeugen gesprochen und Videos gesehen hat. In der letzten Sequenz geht ein oberkörperfreier 49-Jähriger zwar unstrittig mit einem Messer auf Beamte zu und ignoriert ihre „Waffe weg“-Rufe. Aber es kursiert auch eine etwa drei Minuten lange Aufnahme, die das Geschehen vorher zeigt. Da sieht man, wie der Mann – laut Aussage von Vertrauten psychisch krank – sich immer wieder langsam vor- und zurückbewegt, das Messer stets auf den Boden gerichtet. Einmal kniet er sich gar vor den vielen anwesenden Polizisten hin. Als Laie fragt man sich schon, ob die Situation nicht besser lösbar war als mit vier Schüssen, noch dazu von einem Beamten nacheinander auf den Brustbereich abgeben.
Ist da etwas falsch gelaufen?
Es geht auch nicht nur darum, ob hier ein etwaiges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten eines Einzelnen vorliegt. Zu klären wäre auch, ob bei dem Einsatz womöglich noch mehr schlecht gelaufen ist, speziell geschulte Kräfte dabei waren und ob die Beamten bis zuletzt fälschlicherweise davon ausgehen mussten, in der Wohnung des Mannes liege ein von ihm getöteter Mensch.
Diese zum Verständnis sehr wichtige Information haben die Behörden übrigens erst sechs Tage nach dem Fall mitgeteilt – zuvor war nur abstrakt von der Selbstbezichtigung einer Gewalttat die Rede. Dabei lag der Wortlaut des von dem Mann getätigten Notrufs den Ermittlern mit Sicherheit von Anfang an vor.
Auch dass der 49-Jährige türkischer Staatsbürger war – nicht tatrelevant, aber es erklärt den großen Medienauflauf aus der Türkei – , erfuhr man erst mit sechstägiger Verspätung. Sonst ist noch wenig bis nichts bekannt. Konkrete Anfragen werden vielfach abgebügelt. Das ist nicht nur bedauerlich, sondern töricht.
Solange so viele Fragen offen sind, steht bei einigen Menschen die Mannheimer Polizei wieder – zu Unrecht – insgesamt in Verruf. Zumal ja vor eineinhalb Jahren auf dem Marktplatz ebenfalls ein psychisch Kranker bei einem Einsatz getötet wurde. Dies wird nun vor Gericht öffentlich aufgerollt. Erste Erklärungen zur Schönau muss es schnellstmöglich geben.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Zum Polizeieinsatz auf der Schönau muss es schnellstmöglich Erklärungen geben
Steffen Mack kritisiert, dass die Behörden nicht darüber informieren, was bei den tödlichen Schüssen auf einen Mann mit Messer möglicherweise falsch gelaufen ist. So hat die gesamte Mannheimer Polizei den Imageschaden