Mannheim. Die Erkenntnis kommt nicht wirklich überraschend: Kinder, die keine Kita besuchen, haben zu einem erheblich höheren Teil intensiven Sprachförderbedarf als andere. Das war zu erwarten. Aber erstmals legt die Stadt dazu konkrete Zahlen auf den Tisch. Wirklich überraschen kann es ebenso wenig, dass weiterhin zahllose Kinder in Mannheim als unversorgt gelten, weil sie keinen der knapp 12 000 Kita-Plätze bekommen. Aber die Zahl, die die Stadt jetzt nennt – 1823 – ist noch einmal höher als in der Vergangenheit. Das liegt in erster Linie daran, dass das Personal immer knapper wird.
Vor diesem Hintergrund verschärft sich die Diskussion. Da sind auf der einen Seite die Eltern, die unter der immer stärkeren Kürzung der Öffnungszeiten leiden, die mangels Betreuungsmöglichkeiten ihre Arbeit reduzieren oder gar ihren Beruf ganz aufgeben müssen. Auf der anderen Seite stehen aber die Kinder, die völlig leer ausgehen, weil sie erst gar keinen Platz bekommen haben – und deshalb oft mit einem größeren Handicap ins Schulleben starten müssen.
Gerade weil die Zahl derer, die keinen Platz haben, so hoch ist – und die möglichen Folgen für die Bildungsbiografie so erheblich sind –, gewinnen Vorschläge an Gewicht, die auf größere Gruppen bei gleichbleibendem Personal zielen oder auf eine noch stärkere Reduzierung der Öffnungszeiten hinauslaufen. Grundidee: Das Personal, das dadurch frei wird, kann so verteilt werden, dass es – im besten Fall – Plätze für alle schaffen kann.
Für die stark gebeutelten Eltern, die die Betreuung ihrer Kinder schon jetzt kaum stemmen können, sind solche Vorschläge eine Provokation. Für die anderen, die keinen Platz haben, sind sie ein Lichtblick.
Die Diskussion zeigt, dass es angesichts der Misere bei der Betreuung keine einfachen Lösungen gibt. Aber fast sämtliche Politikerinnen und Politiker fordern Bildungsgerechtigkeit für alle. Wer das fordert, muss sich dieser Diskussion stellen. So schmerzhaft sie auch sein mag – und wie auch immer sie ausgeht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Wie fehlende Kita-Plätze in Mannheim die Debatte verschärfen
Die Zahl von Kindern ohne Kita-Platz steigt - mit negativen Folgen für den Start ins Schulleben. Vor diesem Hintergrund sollte die Politik eine ernsthafte Diskussion über Öffnungszeiten führen, meint Bertram Bähr