Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Weltlängste Straßenbahn wichtiges Symbol für Mannheim und Region

Größe kann auch provozierend wirken. Wer die Rhein-Neckar-Tram hässlich, eng, laut oder die Holzsitze unbequem findet, der wird diese Meinung kaum überdenken, wenn sie ihm nun mit einer Weltrekordlänge von fast 60 Metern entgegenkommt. Menschen, die dem öffentlichen Nahverkehr ohnehin nichts abgewinnen, werden die neuen XXL-Straßenbahnen ebenso wenig als Bereicherung sehen. Doch das sind sie.

Investitionen in Bus und Bahn sind gut angelegtes Geld, und Innovationen nicht minder wichtig. In Hamburg etwa gibt es schon seit Ende vergangenen Jahres mehr Deutschlandtickets als Autos. Nun belegt eine neue Studie, dass die Monatskarten für 58 Euro keineswegs nur für Ausflüge genutzt werden, sondern dass immer mehr Menschen damit dauerhaft das Auto stehen lassen.

Es möge auch bitte niemand mehr mit dem Argument kommen, solange nicht das letzte Pfälzer Dorf ans Nahverkehrsnetz angeschlossen sei, brauche man dieses nicht. Dort vielleicht nicht, aber in Großstädten umso mehr.

Kaum nur aus Größenwahn angeschafft

Und so berechtigt der Unmut über Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit der Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft ist: Dass die RNV sich da erstmal deutlich bessern muss, bevor sie ihre Fahrzeugflotte modernisieren darf, wäre Quatsch zu denken.

Zumal die fast 60 Meter lange Rhein-Neckar-Tram kaum aus Größenwahn angeschafft wurde. Sondern hoffentlich aus der betriebswirtschaftlichen Erkenntnis, dass es für so lange Straßenbahnen auf manchen Strecken und zu manchen Zeiten offensichtlich einen Bedarf gibt. Sonst hätte man davon vermutlich nicht gleich zwölf Stück bestellt. Zumal halb leere bis leere XXL-Straßenbahnen Wasser auf die Mühlen aller Kritiker wären.

Im Umkehrschluss gilt indes: Gut gefüllt machen die Mega-Trams bestimmt einen imposanten Eindruck. Vielleicht lässt dann der eine oder die andere doch auch mal das Nörgeln sein.