Ein ganz normaler Ablauf, nur drei Absagen im Programm, und mit fast 13 000 Zuschauerinnen und Zuschauern eine fast normale Resonanz an den drei Festivaltagen – viel besser hätte das elfte Mannheimer Maifeld Derby kaum laufen können. Die Treue des Publikums hat sich Festivalkurator Timo Kumpf verdient, denn auch in diesem Jahr wurden die – inzwischen turmhohen – Erwartungen an das Programm mehr als erfüllt. Es kann beim stilistisch extrem vielfältigen Derby nicht jedem alles persönlich gefallen. Objektiv schlechte Bands muss man in elf Festivalausgaben allerdings mit der Lupe suchen.
Trotz aller Qualität ist so ein Erfolg in Zeiten von Pandemie, Kaufkraftverlust und Ukraine-Krieg nicht selbstverständlich. Das zeigt das um das Derby herumterminierte Zeltfestival Rhein-Neckar. Die Konzertreihe ist so exzellent besetzt wie nie – und krebst im Schnitt bei etwa halber Auslastung herum. Bleibt zu hoffen, dass der Hilfstopf der Bundesregierung hier wie angekündigt Verluste verhindert. Sonst ist womöglich der Fortbestand beider Festivals bedroht. Auch die städtische Kulturförderung sollte tun, was sie kann.
Eine Nachricht, die am Wochenende auch das Derby-Publikum beschäftigte, unterstreicht, wie nah die Veranstaltungsbranche immer noch am Abgrund steht. Dass mit dem Puls-Open-Air auf Schloss Kaltenberg in Bayern ein etabliertes Festival mit bereits 4000 angereisten Fans abgebrochen werden musste, weil nicht genügend Sicherheitspersonal erschienen ist – das gab es noch nie. Über die Gründe der Ausfälle wird noch spekuliert, aber so etwas kann in einer Pandemie nun mal passieren. Genau so könnte das Gros der Künstlerinnen und Künstler ausfallen. Oder das Ausschank-Personal. Wie eng es da aussieht, weiß jeder Gastronom – und auch beim Derby war der Bierfluss bis jetzt das Einzige, das nicht ganz optimal lief. Insgesamt brauchen alle Beteiligten im Live-Sektor noch eine ganze Weile viel Geduld, politische Unterstützung und Publikumszuspruch.
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