Es duftet nach Mandeln, Crêpes, Glühwein oder Bratwurst, und das Leuchten der Lichterketten bringt etwas Farbe in eine ohnehin graue und triste Jahreszeit. Dafür stehen die Weihnachtsmärkte. Deshalb freuen sich alljährlich viele Menschen darauf. Bis vor kurzem noch mehr als sonst, weil sie im vergangenen Jahr Corona-bedingt darauf verzichten mussten. Endlich, wie früher, den Tag mit Freunden oder Kollegen bei einem Glühwein ausklingen lassen. Soweit die emotionale Ebene.
Die gesundheitlich-medizinische Situation sagt etwas ganz anderes. Die Corona-Lage ist außer Kontrolle. Wenn demnächst vielleicht noch eine Homeoffice-Pflicht kommt, passt es nicht zusammen, sich tagsüber von Kollegen abzuschotten, um abends, eng beieinanderstehend, an einem Glühweinstand doch wieder zusammenzukommen.
Das Konzept, das die Weihnachtsmärkte und der Märchenwald in Mannheim verfolgen, ist streng. Es geht sogar über die aktuelle Corona-Verordnung des Landes hinaus. Die sieht einen Zaun um das Gelände und Zugangskontrollen gar nicht vor, 2G müsste demnach nur an Verzehrständen gelten. Insofern haben die Veranstalter alles für die Sicherheit getan.
Welche Haltung ist richtig?
Doch die vergangenen Wochen haben uns ernüchtert, indem wir erfahren mussten, dass 2G eben kein sicheres Beisammensein ermöglicht, weil der Impfschutz bei dem einen oder der anderen doch schon früher als erwartet nachlässt. Die Ansteckungsgefahr ist hoch, auch an der frischen Luft. Man könnte nun die Eigenverantwortung anführen. Wem mulmig ist, der sollte vielleicht zuhause bleiben. Aber ist diese Haltung kurz vor dem Kollaps der Intensivstationen noch vertretbar? Finden wir dann, trotz Impfung, jemals wieder in die Normalität?
Ähnliche Veranstaltungen (auch im Freien) wie die Lichtmeile sind schon abgesagt worden. Was soll bei den Weihnachtsmärkten anders sein? Dass die Stadt oder die Veranstalter nicht von sich aus absagen, ist logisch. Verträge sind gemacht, sie müssten dafür haften.
Damit wären wir auf der wirtschaftlichen Ebene. Mit der Zusage, dass die Märkte stattfinden, haben die Standbetreiber aufgebaut, Ware eingekauft und Personal eingestellt. Eine Absage würde für die meisten das sofortige Aus bedeuten, weil es momentan keine Corona-Hilfen gibt. Auch daran muss man denken. Doch egal, ob Absage oder nicht: Wir werden leider erst hinterher wissen, welche Entscheidung die bessere gewesen wäre.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Weihnachtsmärkte in Mannheim: Eine riskante Entscheidung
Christian Schall zu den Weihnachtsmärkten in Mannheim