Das Wahldesaster in Schleswig-Holstein kann die Bundes-SPD einigermaßen verschmerzen, die Niederlage hatten die Genossen ohnehin schon eingepreist – zu stark war CDU-Amtsinhaber Daniel Günther. Einen Crash am Sonntag in Nordrhein-Westfalen könnte die SPD dagegen nicht als rein lokales Ereignis abtun. Dafür steht im größten der 16 Bundesländer einfach zu viel auf dem Spiel. Dass die CDU den Genossen 2017 ihr Stammland abjagte, haben diese bis heute nicht verkraftet. Und nach dem Rücktritt Armin Laschets gilt für die SPD erst recht die Devise: Verlieren verboten! Laschets Nachfolger Hendrik Wüst ist ja erst seit wenigen Monaten im Amt, kann also nicht wie Nordlicht Günther mit fantastischen Beliebtheitswerten aufwarten. Sollte die SPD also in NRW – dort ticken die Menschen mehrheitlich eher Rot-Grün – eine Schlappe erleiden, würde dies ein Beben auslösen, das bis nach Berlin zu spüren wäre.
Der Bundestrend hat sich ohnehin für die Genossen wieder ein wenig gedreht. Fast schon vergessen ist der Wahltriumph der SPD an der Saar, obwohl dies erst sieben Wochen her ist. Schon in Schleswig-Holstein hätten die Sozialdemokraten vielleicht den einen oder anderen Prozentpunkt mehr holen können, wenn Kanzler Olaf Scholz beim Thema Ukraine eine bessere Figur abgeben würde. Das Hickhack um die Panzerlieferungen an Kiew, das Zaudern des Kanzlers, das ständige Gerede vom Dritten Weltkrieg – all das hat dazu geführt, dass die Popularität des Regierungschefs gelitten hat.
Deshalb ist das historisch schlechte Ergebnis der SPD in Kiel nicht ganz hausgemacht. Das lässt sich auch am Abschneiden der Grünen ablesen. Sie profitieren nicht nur von ihrer guten Arbeit in der Jamaika-Koalition, sie gelten auch bei den Themen Energie und Klima als sehr kompetent.
Der frühere Vize-Ministerpräsident Robert Habeck macht es als Wirtschaftsminister der SPD vor: Auch er hat es wie Scholz sehr schwer, muss ja vom russischen Erdgas wegkommen und dafür Dinge machen, die er früher abgelehnt hätte – zum Beispiel in Katar auf Einkaufstour gehen. Im Gegensatz zu Scholz erklärt er den Wählern ständig, welche Gewissensbisse ihn plagen und welche Sachzwänge er dabei eingehen muss. Das wirkt authentischer als beim Kanzler, der stets behauptet, alles im Griff zu haben. In Zeiten, in denen ein Wladimir Putin die ganze Welt in Atem hält, klingt das unglaublich arrogant. Auch das kann am Sonntag Stimmen kosten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Verlieren für die SPD in NRW verboten!
Für die Genossen steht bei der Landtagswahl am Wochenende in Nordrhein-Westfalen viel auf dem Spiel. Eine Niederlage würde zumindest teilweise auch auf Bundeskanzler Olaf Scholz zurückfallen.