Kommentar Schwarze Wochen

Stefan Proetel zum fatalen Irrglauben vieler Impfgegner

Veröffentlicht
Kommentar von
Stefan Proetel
Lesedauer

Wir sind in der Black Week, die im Black Friday gipfelt. Die Rabattschlacht des Einzelhandels hat ihren Ursprung in den USA und soll die Kundschaft zum Kaufen animieren. Der Begriff erklärt, wie die Einkaufsstraßen am Freitag nach Thanksgiving, einem klassischen Brückentag, aussehen: voll mit Menschen, schwarz eben. Auch Deutschland erlebt derzeit schwarze Wochen – im beschriebenen und im übertragenen Sinn: Wie ein Betrunkener torkelt es durch Corona-Welle Nummer vier: planlos, mutlos, orientierungslos.

Den Grundstein für unsere schwarzen Wochen haben zaudernde und weghörende Politiker sowie viel zu viele Impfverweigerer gelegt. Es kommt dabei zu schmerzenden Szenen. Am Samstag demonstrierte am Neckarauer Übergang eine Handvoll Menschen gegen Coronamaßnahmen und Impfpflicht. Ihr den Vorbeifahrenden geltendes, fröhliches Winken wirkte gleichsam überlegen und provokant. Und bewirkte unter anderem, dass sich ein grollender Autofahrer in seiner Familienkutsche offensichtlich nicht anders zu helfen wusste, als ihnen aus dem geöffneten Fenster den Stinkefinger entgegen zu recken. Ein Detail in einer völlig überhitzten Debatte, aber ein nicht unwichtiges. Es zeigt, dass die befürchtete Spaltung längst da ist. Hier der große Teil der Menschen, der verantwortungsvoll und solidarisch handelt. Dort die anderen, die immer noch der dramatischen Fehleinschätzung unterliegen, dass ihre persönliche Freiheit nie endet und nie enden darf.

Absolut nichts spricht dagegen, Dinge hartnäckig zu hinterfragen, auch mal bockig zu sein und seine persönliche Freiheit auszukosten. Aber persönliche Freiheit kommt an ihre Grenzen, wenn andere darunter leiden. Ein Beispiel aus dem Winter: Fährt ein Snowboarder oder Skiläufer bei seiner Suche nach dem Kick in einen lawinengefährdeten Tiefschneehang ein, bringt er sich in eine extrem bedrohliche Situation – aber leider auch die Bergretter, die im Notfall anrücken müssen. Man sieht: Das Ausleben von Freiheit ist bis zu einem gewissen Grad fantastisch – von da an aber sehr oft asozial.

Was die Impfverweigerer vom Neckarauer Übergang machen, wenn sie dies hier lesen? Vielleicht freuen sie sich diebisch, dass sie wahrgenommen wurden und sich jemand über sie aufregt. Oder sie beschweren sich, dass sie angeblich ihre Meinung nicht mehr sagen dürfen. So oder so: Bleiben Menschen wie sie bei ihrer sturen Linie, werden dem Black Friday leider noch viele schwarze Wochen folgen.

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

Thema : Coronavirus - aktuelle Entwicklungen im Überblick

  • Mannheim Urlaub und die Pflicht zur Online-Registrierung: Was Reiserückkehrer beachten müssen

    Wer Urlaub in einem Risikogebiet (Inzidenz über 50) macht, muss bei der Rückkehr nach Deutschland einiges beachten. Selbst Geimpften und Genesenen drohen Bußgelder, wenn sie sich nicht anmelden.

    Mehr erfahren
  • Karte und Grafiken Coronavirus: Fallzahlen aus Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg und Rhein-Neckar

    Wie viele Coronavirus-Fälle wurden in der Region registriert? Wir geben einen Überblick über die bestätigten Fälle in der Metropolregion Rhein-Neckar und im Main-Tauber-Kreis.

    Mehr erfahren