Kommentar Schillertage in Mannheim allmählich bleiben lassen?

Die Schillertage in Mannheim sind austauschbar mit anderen Trend-Treffs der Theaterszene geworden, kommentiert Ralf-Carl Langhals - und schlägt ein neues Format vor.

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Mannheim. Intendant Christian Holtzhauer hat es in Sachen der biennal stattfindenden Schillertage nicht leicht. Jede der bisher vier Festivalausgaben in seiner Verantwortung brachte neue Herausforderungen mit sich. 2019 musste er nicht nur seine erste NTM-Spielzeit stemmen, sondern auch gleich die organisatorisch höchst aufwendigen Schillertage kuratieren und organisieren.

Die zweite Auflage 2021 war pandemiebedingt eine hybride Corona-Ausgabe. 2023 fand das renommierte Sprechtheaterfest dann der Nationaltheatersanierung wegen erstmals im gelungenen, aber eben recht fernen Alten Kino Franklin statt. 2025 hat nun der Bund seit 20 Jahren erstmals seine Förderung zurückgezogen. Das ist nicht schön, aber auch nicht gänzlich unverschuldet, denn ein Alleinstellungsmerkmal ist das seit 1978 bestehende und zwischendurch gar weltweit größte Sprechtheater-Festival um einen einzelnen Dichter längst nicht mehr.

Sie sind austauschbar mit anderen Trend-Treffs der Theaterszene geworden, unsere Schillertage.

Es gibt ein bisschen was „nach“ Schiller, ansonsten viel überkorrektes Thesen- und Ermächtigungstheater, Performances, Zirkus und Musiknummern mit hohem Unterhaltungs-, aber geringem Schiller-Wert. Sie sind austauschbar mit anderen Trend-Treffs der Theaterszene geworden, unsere Schillertage.

Holtzhauers oft wiederholte Behauptung „aus Schiller inhaltliche theatrale Funken schlagen“ zu wollen, ist nach vier Festivalausgaben schlicht unglaubwürdig. Mit Ausnahme der „Mannheimer Räuber*innen“ im Käfertaler Wald sind die Eigenproduktionen um „Kabale und Liebe“ schwach ausgefallen. Bei den Gastspielen, unter denen sich zudem keines auf Schillers Sprache einlässt, fehlt sowohl der große Knaller, über den die Stadt spricht, als auch eine Produktion, die Schillers dramatisches Werk ernst nimmt. Intendanz und Dramaturgie sehen dazu offensichtlich keine Veranlassung mehr.

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Und nur noch 10.500 von einst 35.000 Menschen einen Grund, dort noch hinzugehen. Wenn das NTM der fachlichen Ansicht ist, dass sich Schiller nicht mehr ins Heute abbilden lässt, sollte man Konsequenzen ziehen – und es bleiben lassen. Es wird den Schillertagen gehen wie dem vom NTM einst im Wechsel veranstalteten „Mozartsommer“. Nach Mozart kann bald auch Schiller gehen. Was haben weltläufige Theaterleute mit den beiden Säulenheiligen lokalen Kulturbewusstseins zu tun? Hier die Lösung: Wie wäre es mit einem alljährlichen genre- und meinetwegen auch genderfluiden „Mannheimer Sommer“, den Schauspiel, Oper und Tanz im Wechsel veranstalten?

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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