Das Problem mit den Nachtschwärmern, die jedes Wochenende in Scharen in den Mannheimer Jungbusch strömen, um zu feiern, ist zwar nicht neu. Allerdings hat auch hier die Pandemie und ihr Abflachen den Konflikt mit den Anwohnern wieder neu entfacht. Denn während des Lockdowns haben die Jungbuschler im Kiez wohl das erste Mal nachts vor allem eins genossen: die Stille. Dass nun alle nach langem Verzicht auf das Nachtleben wieder auf die Partymeile strömen, ist zwar für die einen verständlich, für die anderen aber ärgerlich. Gleichzeitig macht dieses Feierverhalten schon jetzt deutlich, wie es im Hafenviertel künftig nach der Pandemie zugehen könnte: nämlich genauso wie vor der Pandemie.
Ein Grund mehr, sich heute zu überlegen, wie das respektvolle Feiern von morgen aussehen soll. Denn auch die Anwohner können das Argument „dann zieht doch einfach weg“ nicht mehr hören. Schließlich haben manche hier schon gelebt, bevor sich das Viertel zur Partymeile gewandelt hat, oder können es sich nicht leisten, wegzuziehen. Sie alle haben das Recht darauf, dort in Ruhe zu wohnen. Mit der eingeführten „Nachtschicht“ hat der Jungbusch einen wichtigen und einzigartigen Schritt gemacht, dieses Ziel zu erreichen. Allerdings wird es wohl nicht ausreichen, die „Nachtschicht“ auszudehnen oder mehr Polizei und Ordnungskräfte einzusetzen – zumal das personell kaum umsetzbar ist. Zwar dämpft das aktuelle Alkoholverbot die Partylaune. Langfristig löst es das Problem aber nicht, sondern verlagert es nur.
Vielmehr bräuchte es neue Lockangebote für Nachtschwärmer, ähnlich wie der erfolgreiche Nachtmarkt in der Neckarstadt-West. Laut Polizei hatten sich tausend Besucher an diesem Wochenende für den Nachtmarkt und gegen den Jungbusch entschieden. Weil die räumlich auseinanderliegen, entscheiden sich viele entweder für das eine oder das andere. Verschwinden werden die Partygänger im Hafenviertel dadurch trotzdem nicht. Deshalb braucht es Konzepte, die Feierende im Jungbusch umlenken an Orte, an denen sie keine Anwohner stören.
Das hat auch das Quartiersmanagement im Sinn: Mit Sitzbänken und mehr Licht soll der südliche Verbindungskanal attraktiver werden – gerade weil hier keine Wohnhäuser liegen und die angrenzenden Gebäude Lärmschützend wirken. Was dabei helfen würde, Nachtschwärmer anzulocken, weiß Nachtschichtler Kristijan Nuculovic genau: Foodtrucks und Stände, die das Feiern dort noch schmackhafter machen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Partymeile Jungbusch: Feierwütige umlenken, statt dauerhaftes Alkoholverbot
Lisa Wazulin über das Nachtleben im Jungbusch