Erinnerungskultur OB Specht zwischen den Stühlen

Für die Umbenennung der historisch belasteten Straßennamen in Rheinau-Süd plant Oberbürgermeister Christian Specht das bisher angedachte Verfahren zu ändern - ein heikles Vorhaben, findet Redakteur Konstantin Groß

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Konstantin Groß
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Mit dem Auftritt von Oberbürgermeister Christian Specht in Rheinau-Süd hat die Diskussion über die Straßennamen eine neue Wendung genommen. Ob der jetzige Weg eine Erfolgsspur sein kann, muss sich erst zeigen.

Fest steht: Bei diesem Thema verlässt der CDU-Politiker den Weg, den sein sozialdemokratischer Vorgänger Peter Kurz eingeschlagen hat. Seine Kritik am bisherigen Vorgehen ist - Specht-typisch - zwar dezent formuliert, aber unüberhörbar. Es gibt eben einen Stilwechsel im Rathaus. Specht hat das aufrichtige Bemühen, Gräben zuzuschütten, einen breiten Konsens zu erreichen.

Rheinau

Neue Wendung in Sachen Straßennamen Rheinau-Süd

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Mit seiner neuen Linie geht er jedoch auch ein Risiko ein. Denn er setzt sich zwischen alle Stühle. Dass es ihm damit nicht komplett gelingt, den Unmut vor Ort zu besänftigen, wurde schon am Abend selbst deutlich. Sollte er gedacht haben, für seinen Vorschlag Lorbeerkränze geflochten zu bekommen, so war das ein Irrtum. Im Gegenteil: Viele sehen im neuen Vorschlag nur einen weiteren Trick von „denen da oben“. Funktionsträger des Siedlervereins versichern zwar, die Um-benennung inzwischen zu akzeptieren, doch die Stimmung bei vielen Anwohnern ist anders. Der Sinn dieser Umbenennung ist noch immer nicht verinnerlicht.

Doch nicht nur die Gegner der Umbenennung sind unzufrieden, sondern auch ihre Befürworter. Ihr entscheidender Einwand lautet: Eine eindeutige Beschlusslage wird verlassen, entschieden vor gerade mal zwei Jahren mit breiter Mehrheit, übrigens mit Stimmen von CDU, ML und FDP.

Man fragt sich: Was hat sich seit 2022 verändert? Ach ja, natürlich: der zeitliche Abstand zur nächsten Kommunalwahl! Im bürgerlichen Lager glaubt man, eine Kehrtwende vollziehen zu müssen. Dass CDU, Mannheimer Liste und FDP wortgenau gleichlautende Anträge vorlegen, bringt einem unwillkürlich ein Dichterwort ins Bewusstsein: Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Denn nun soll ein Verfahren mitten im Verlauf geändert werden. Das ist so, wie wenn man in einem Fußballspiel zur Halbzeitpause die Regeln umwirft. Hunderte Mannheimer, die sich in der Sache unter anderen Voraussetzungen engagiert hatten, könnten sich nun verschaukelt fühlen.

Bleibt abzuwarten, ob die Mehrheit im Hauptausschuss am Dienstag ein anderes Signal setzt. Nämlich, dass Gemeinderatsbeschlüsse eine längere Halbwertzeit haben sollen als zwei Jahre. Und dass sich Bürger auf ein einmal beschlossenes Verfahren zur Konfliktlösung verlassen können.

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VG WORT Zählmarke